It’s all about that Bass: Avishai Cohen Trio in Mainz

It’s all about that Bass: Avishai Cohen Trio in Mainz

Warnung: Wenn Sie am Abend des 25. April nicht im Frankfurter Hof beim Konzert des Avishai Cohen Trios waren, könnten Sie sich nach dem Lesen dieses Artikels ärgern, oder sich alternativ eine Karte für die noch folgenden Gigs kaufen – und freuen. Es lohnt sich.

Denn das, was der israelische Bassist zusammen mit seinen beiden Bandkollegen Daniel Dor (Drums) und Nitai Hershkovits (Piano) fast zwei Stunden und ohne Pause auf das Publikum losließ, ist schwer in Worte zu fassen. Versuchen wir es trotzdem. Der Frankfurter Hof ist an diesem Abend bis auf den letzten Platz ausverkauft, die Stimmung vor dem Konzert aufgeladen mit gespannter Erwartung. Pünktlich um 20 Uhr geht es los, die ersten Akkorde von „Beyond“ erklingen. Der Song, auch auf dem jüngst erschienen Album „From Darkness“ der Eröffnungstrack, ist charakteristisch für die Musik von Avishai Cohen: Melodiös, aber nicht harmonieverliebt, komplex, aber nicht überladen. Unseren ausführlichen Bericht zum neuen Album gibt es hier auf wegotmusic.de.

Doch zurück zum Konzert. Die drei Musiker präsentieren sich in bester Laune, Form und Spielfreude, „arbeiten“ grandios zusammen und befeuern die ohnehin schon gute Stimmung von Song zu Song. Zum Set zählen „Amethyst“, „Ballad For An Unborn“ oder „Halelya“, die allesamt Cohens typischem Musikstil folgend häufig und schnell zwischen Dur und Moll wechseln und durch ihre anspruchsvolle Rhythmik überzeugen. Cohen wirkt voll konzentriert, wiegt sich zur Melodie, steigert sich in die Musik hinein und lässt sich von ihr mitreißen. Die Augen meist geschlossen und eng an seinen Kontrabass geschmiegt, weiß er seinem Instrument eine schier unglaubliche Bandbreite an Klängen abseits der rhythmisch-begleitenden Rolle seines Instruments zu entlocken, mit der sich viele andere Bassisten zufrieden geben.

Besonders gut kommen die häufigen Solo-Einlagen der drei Künstler an. Der Szenenapplaus ist schon ab der ersten Konzertminute ständiger Begleiter. Daniel Dor, erst seit „From Darkness“ Teil des Trios erweist sich als idealer Counterpart zum Mann am Bass, die „Rhythmusgruppe“ aus Schlagzeug und Bass wirken wie aus einem Guss. Hält sich Dor bei vielen Songs dezent, aber mit viel Raffinesse zurück, so wächst er in seinen zahlreichen Soli über sich hinaus, lässt die Sticks über Becken, Toms und Snaredrum tanzen, wirft gnadenlos groovende Fill-Ins ein, nur um ein paar Takte später wieder voll ins Hauptthema einzusteigen, als wäre nichts gewesen. Während das vor Begeisterung feiernde Publikum nach Atem ringt, folgen die Solo Einlagen von Nitai Hershkovits am Flügel. Die schnellen Akkordwechsel, hohen Tempi und teils sehr aufwändigen Melodiekonstrukte pariert der in Israel geborene Pianist locker. Doch bei seinen Improvisationen weiß er selbst dieses hohe Niveau noch zu toppen. Mühelos lässt er die Töne in aberwitziger Geschwindigkeit perlen, wandert auf den Tasten auf und ab, wechselt durch die Tonleitern und hält dabei fast nebensächlich die Akkorde und Harmonien des aktuellen Songs mit der linken Hand aufrecht. Minutenlang und unter frenetischem Applaus des Publikums treibt er sich selbst zu neuen musikalischen Höhenflügen an.

Ein phänomenales Solo von Avishai Cohen selbst mündet in den rastlosen Anfang des wohl bekanntesten und erfolgreichsten seiner Songs: „Seven Seas“. Im Vergleich zum Original nochmals deutlich gesteigerten Geschwindigkeit scheinen sich die Musiker in Trance zu spielen, werden eins mit dem Song und ihrem Instrument. An diesem Abend folgen noch vier (!) weitere Zugaben, deren Qualität und Quantität der Bandleader lässig mit den Worten „We can play until the morning!“ kommentiert. Das Publikum ist nicht mehr zu halten, schon vor der ersten Zugabe stehen die Zuschauer, setzen sich zwar kurzfristig wieder auf die Plätze, nur um sich eine Nummer später wieder zu erheben. Es wird getanzt, mitgeklatscht und gejubelt – ganz gleich ob zum alten Spiritual „Sometimes I Feel Like a Motherless Child“ zu tanzbarem Latin Sound oder zum Jazz Standard „Autumn Leaves“, mit dem das Trio den Abend gegen 22 Uhr beschließt. Künstler und Publikum sind hochzufrieden.

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