Songs zur Geschichte der Sagengestalt Mélusine

Songs zur Geschichte der Sagengestalt Mélusine

Cécile McLorin Salvant hat Stil. Mit ihrer wunderbar wandlungsfähigen, mit allen Wassern des Jazz gewaschenen Stimme schreibt sie die Tradition großer Vorgängerinnen wie Ella Fitzgerald oder Sarah Vaughan fort. Als Tochter einer Französin und eines Haitianers in Florida aufgewachsen, kam Cécile McLorin Salvant sehr früh mit Musik in Berührung. Als man ihr 2010 den ersten Preis bei der Thelonious Monk Competition zusprach, dem angesehensten Jazz-Wettbewerb der Welt, war sie gerade mal 21 Jahre alt. Mittlerweile hat sie ihrer Trophäen-Kollektion vier Grammys hinzugefügt. Dabei umfasst ihr künstlerisches Universum weit mehr als nur (perfekt zweisprachigen) Jazzgesang: Sie schreibt Texte, komponiert, ist ausgewiesene Barock-Expertin und arbeitet derzeit als Autorin und Regisseurin an ihrem ersten animierten Spielfilm. Und ihre Textilmalerei ist auch ziemlich cool.

Cécile McLorin Salvant interpretiert auf ihrem neuen, größtenteils französischsprachigen Album Mélusine“ Stücke aus verschiedenen Epochen – einschließlich eines Kunstlieds aus dem Jahr 1660, „D’un feu secret“ sowie fünf eigene Songs. Neben Französisch kommen Englisch, Haitianisch-Kreolisch und die südfranzösische Sprache Okzitanisch zum Zuge. „Mélusine“ folgt auf „Ghost Song“, Salvants Debüt für Nonesuch Records. Das Album erhielt zwei Grammy-Nominierungen und weltweite Lobeshymnen. Die New York Times zählte es zu den besten Alben des Jahres.

Die 14 Songs auf ihrem neuen Werk erzählen die Geschichte der mythischen Sagengestalt Mélusine. Es geht um eine Frau, die sich jeden Samstag durch einen Fluch in eine Schlange verwandelt. Mélusine willigt ein, den Ritter Raymund zu heiraten – unter der Bedingung, dass er sie samstags nie sieht. Er stimmt zu, wird jedoch dazu gebracht, sein Versprechen zu brechen. Als er durch ein Loch in der Tür späht, sieht er sie nackt in der Badewanne: halb Schlange, halb Frau. Daraufhin verwandelt Mélusine sich in einen Drachen und fliegt davon. Sie erscheint nur wieder, wenn einer ihrer Nachkommen auf dem Sterbebett liegt. „Ich erzähle weniger Geschichten, als dass ich Geheimnisse aufdecke“, sagt Salvant zum Thema. „Die Geschichte von Mélusine ist auch die Geschichte der zerstörerischen Kraft des Blicks“, so die Künstlerin. „Raymunds Schwert bohrt ein Loch in ihre Badezimmertür. Sein Blick ist ähnlich explosiv. Sie bemerkt ihn – und dieser zweifache Blick verwandelt sie in einen Drachen. Von nun an kann sie Feuer speien.“

„Dame Iseut“, das letzte Stück auf dem Album, hat Salvant mit ihrem Vater aus dem Okzitanischen, einer alten Sprache, die in Südfrankreich gesprochen wird, ins haitianische Kreol übersetzt. „Meine Großmutter konnte es noch sprechen, ihr Bruder hat es gelehrt“, sagt Salvant. „Mein Album kombiniert Elemente aus der französischen Mythologie mit dem haitianischen Voodoo und Auszügen aus religiösen Schriften.“ Salvant studierte in Grenoble und Aix-en-Provence, trat beim Newport Jazz Festival, dem Monterey Jazz Festival und im Village Vanguard auf. 2020 gewann sie ein MacArthur Fellowship, ein Stipendium, das für außerordentliche kreative Verdienste ausgelobt wird. Im Juni gibt Salvant Konzerte in Dresden, Hamburg und Weimar.

Cécile McLorin Salvant: „Mélusine“ ist auf dem Label Nonesuch (Warner) erschienen.

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