Ein klanglich brillantes Werk von Kenny Garrett

Ein klanglich brillantes Werk von Kenny Garrett

Miles Davis hatte stets ein Gespür für große Talente. Auch als er in den 1980er Jahren den Alt- und Sopransaxofonisten Kenny Garrett in seine Band aufnahm, hatte er sich nicht getäuscht. Er war übrigens der letzte Saxofonist an der Seite von Miles Davis. Lang, lang ist das her. Inzwischen ist Garrett 59 Jahre alt und umtriebiger denn je. Gerade hat er mit „Sounds from the Ancestors“ eine weitere reife Scheibe vorgelegt, an der es nichts zu mäkeln gibt. Im Gegenteil: Scharf kann sein Ton werden, aber auch klagend, suchend, tastend, strahlend oder jubilierend. In den acht Titeln, offenbart er eine immense Vielfalt an Klangfarben. Zuweilen bläst Garrett mit der ihm eigenen Kreativität und Intelligenz über John Coltrane die Lunge aus dem Leib. Dabei ist ihm neben Vernell Brown (Piano), der Mann mit den fliegenden Fingern am Flügel, Corcoran Holt (Kontrabass), Drummer Ronald Bruner und Rudy Bird (Percussion) – sämtlich in Topform – behilflich. Garretts Band ist genau so, wie eine Band sein sollte: Handwerklich perfekt und hoch inspiriert.
Mit seinem aktuellen Album „Sounds from the Ancestors“ erinnert Garrett an den Geist der Klänge afrikanischer Vorfahren aus Gottesdiensten, rezitierten Gebeten, Liedern aus den Baumwollfeldern, Yoruban-Gesängen und afrikanischen Trommeln sowie Hommagen an Roy Hargrove und zwei Schlagzeugpioniere – Art Blakey und Tony Allen – die alle in die Vergangenheit geschaut haben, um den zukünftigen Sound und die Entwicklung des Jazz zu beeinflussen.

Früher kam Garrett zuweilen selbstverliebt und eitel daher. Ganz anders auf seinem Neuling. Da klingt er geläutert und sehr geerdet. Ausgesprochen stark wie er im Opener  Latin Grooves seziert und auflöst und mit Bebop, Fusion, Soul, Funk und HipHop mischt. Dabei gilt durchgängig: Vordergründig ist absolut nichts an Garretts Musik. Das Gegenteil ist der Fall. Ihm geht es um Vervollkommnung und Erhabenheit.

Perfektion ist dabei die Grundlage. Die Feinheiten und Besonderheiten seines musikalischen Kosmos erschließen sich vollends bei mehrmaligem hören.
Garrett ist zwar immer noch ein Suchender. Doch seine Erkundungen sind weit gediehen. Mit diesem Album nähert er sich mit Riesenschritten seinem hohen Anspruch. Oder mit anderen Worten ausgedrückt, er ist bei sich angekommen. Insgesamt eine brillante Einspielung, die keine Wünsche offen lässt.

Kenny Garrett: „Sounds From the Ancestors“ ist auf dem Label Mackavenue erschienen.

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