Afel Bocoum: Neues vom Barden vom Niger

Afel Bocoum: Neues vom Barden vom Niger

Aus dem von Unruhen geplagten Mali kommt ein Album, das Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt: Afel Bocoum bringt nach elf (!) Jahren sein viertes Solo-Werk mit dem Titel Lindé heraus. Bocoum hat 21 Instrumentalisten, 14 Sänger/innen und vier Produzenten aufgelistet, die zu diesem Album beigetragen haben. Doch es tönt überhaupt nicht überladen. Dafür haben Afel und Co-Produzent Mark Mulholland  schon bei den Aufnahmen in Bamako gesorgt.

Die Musikerschar ist mehrheitlich „familiär“ besetzt, stammt aus dem Musikerpool von Bamako. So liefert Madou Kouyate  (Trio da Kali, Ngoni Ba) mit seiner Bass-Ngoni die tiefen Töne. Gleichzeitig ist dies auch das letzte Album, dass Afel Bocoum mit seinem langjährigen Perkussionisten und Kalebasse-Spieler Alpha „Hama“ Sankaré einspielen konnte. Hama kam durch eine Landmine ums Leben.

Außerdem saß für einen Song Tony Allen, der kürzlich verstarb, am Schlagzeug. Und auch Vin Gordon, Posaunist bei den Skatelites oder Bob Marley, prägt die Musik dieser Produktion. Ebenso die Violine von Joan Wasser, eher bekannt als Joan as Police Woman. Und im fernen London machten die beiden Produzenten Nick Gold und Damon Albarn dem Album den Weg frei. Nick Gold hat mit seinen Aufnahmen mit Ali Farka Toure, Toumani Diabate und Afel Bocoum den Sound der großen Musiker der älteren Generation für den Westen in Szene gesetzt. Neben den Lieder aus der Songhai-Tradition haben sich diesmal neue Rhythmen und Klänge in Afels Liederbuch eingefügt. Die Geschichten seiner Songs handeln vom Alltag in Mali, von wachsendem Stammesdünkel und Abschottung, von der oft repressiven Polizei, der desolaten politischen Lage, den Fluchtträumen der jüngeren Generation und dem gefährlichen Weg nach Europa oder Amerika.

Die Basis von „Lindé“ ist nach wie vor die traditionelle Musik Malis, der Folk von Bocoums Heimat-Region Timbuktu, getragen von Kalebassen, Kamele N‘Goni, Kora, Call and Response-Gesängen. Der Opener „Penda djiga“ beginnt als staubiger Blues, zunächst melancholisch und erdverbunden um dann Fahrt aufzunehmen. Frauenchöre gehen ein lebendiges Frage-Antwort-Spiel mit Bocoum ein. „Bombolo liilo“ startet mit Bläsern und beschwingtem Sprechgesang zu einem Reggae-Beat. Die fröhlichen Harmonien in „Avion“ mit ihrem Credo „On n’est pas fatigué“ versetzen geradewegs ins urbane Treiben. Doch auch die beinahe meditative Ruhe des traditionelleren Mali-Blues blitzt immer wieder auf und wird im wunderschönen „Fari njungu“ von Joan Wasser mit einem schwebenden Violinenklang versehen.

Fazit: Afel Bocoum, der Barde vom Niger, veröffentlicht mit Lindé sein viertes Album. Und er appelliert mit warmer Stimme an seine Landsleute für mehr Zusammenhalt – auch abseits von religiösen und gesellschaftlichen Unterschieden.

Afel Bocoum: „Lindé“ ist auf dem Label World Circuit erschienen, im Vertrieb von nuzzcom.

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