Die Suche nach einer ureigenen Klangpoesie

Die Suche nach einer ureigenen Klangpoesie

Es sind die persönliche Konturen die das aktuelle Album von Anja Lechner und François Couturier auszeichnen. Mit „Lontano“ veröffentlichen die deutsche Cellistin Anja Lechner und der französische Pianist François Couturier ihr zweites ECM-Album als Duo. Zentraler Ausgangspunkt des Projekts ist die Suche nach einer ureigenen Klangpoesie. Und in der Tat, beide sprechen gewissermaßen mit einer eigenen Stimme. Nach ihrem vielbeachteten Duo-Debüt „Moderato cantabile“ aus dem Jahr 2014, bei dem sich die beiden Solisten mit raffinierten Arrangements und einfühlsamen Improvisationen Werken von Georges I. GurdjieffKomitas Vardapet und Federic Mompou genähert hatten, schärfen sie auf ihrem neuen Silberling ihr persönliches Profil und treten stärker als zuvor mit eigenen Schöpfungen hervor. „Lontano“ enthält neben Kompositionen von Lechner und Couturier Werke von Ariel RamírezGiya Kancheli und Anouar Brahem. Hinzu kommt mit dem „Prélude en berceuse“ aus Dutilleux‘ Klavierzyklus „Au gré des ondes“ ein gemeinschaftliches Arrangement der beiden Musiker.

Anja Lechner und François Couturier kennen sich seit  Jahren. Mit dem Tarkovsky Quartet haben sie an der Seite von Jean-Marc Larché (Saxophon) und Jean-Louis Matinier (Akkordeon) die melancholische Ästhetik der Langsamkeit maßgeblich mitgestaltet. Beim neuen Album „Lontano“ geht es den beiden nicht um die große  Geste, sondern vor allem um den intensiven Ausdruck. Vom ersten Ton an spürt man eine nahezu meditative Konzentriertheit. Der sonore Klang des Cellos und die klaren harmonischen Strukturen des Klaviers greifen wunderbar ineinander.

Zu Anja Lechner sollte man noch wissen, dass die Cellistin auf vielen Hochzeiten tanzt. Sie gehörte zum Rosamunde-Quartett und spielt Tango nuevo ebenso wie byzantinische Musik. Zeugnis davon legen zahlreiche CD-Projekte ab. Nur wenige Cellisten haben sich aus der Welt der Klassik herausgewagt. Eine von ihnen ist Anja Lechner. Bei aller Liebe zur Musik des 18. und 19. Jahrhunderts will sich die 1961 in Kassel geborene Musikerin nicht darauf beschränken, denn ebenso sehr wie Bachs Solosuiten reizt sie der zeitgenössische Tango und die Musik des Nahen Ostens und vieles andere mehr.

Übrigens: Anja Lechner spielt ein Violoncello aus der Turiner Werkstatt von Franciscus Celoniatus, gebaut im Jahr 1728.

Anja Lechner/François Couturier: „Lontano“ ist auf dem ECM-Label erschienen.

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