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Ein Herbstnachmittag mit dem Sennheiser HD 471i
Ein Herbstnachmittag mit dem Sennheiser HD 471i
Es ist Herbst. Mit allem, was dazugehört: Lange Nächte, verregnete Tage, dichte Wolken. Da gibt es nur eins: Eine bequeme Couch, eine große Tasse Tee, ein bisschen Schokolade – und natürlich die passende Musik.
Mehr Zutaten braucht es oftmals gar nicht, um seinen Gedanken nachzuhängen, auszuspannen – und Inspiration für einen neuen Test zu bekommen. Zum Beispiel für den seit Kurzem erhältlichen, kabelgebundenen Einsteiger-Around-Ear Kopfhörer HD 471i aus dem Hause Sennheiser.
Die gute Nachricht: Trotz Bluetooth-Standard und dem stetigen Bestreben, bei möglichst allem die Kabel zu entfernen, werden auch kabelgebundene Kopfhörer ständig weiterentwickelt. Und zwar ohne die Nöte, Akkus, D/A-Wandler und Antennen in den immer kleiner werdenden Gehäusen unterbringen zu müssen. Dafür aber mit Fokus auf die wesentlichen Dinge: Klang, Tragekomfort und Gewicht. Und genau darum soll es auch hier in diesem Testbericht gehen.
Das Auspacken gestaltet sich denkbar einfach, der Kopfhörer schmeichelt mit seinem samtigen Finish und den hochwertigen Polstern Fingern, Ohren und Kopfhaut. Die äußeren Ohrmuscheln sind mit einem matt lackierten Oval in Wellentextur versehen, das von einem verchromten Zierrahmen umgeben wird: Gut aussehen tut er schon mal, der HD 471i für iOS-Devices, den es übrigens auch als baugleiche Variante HD 471G für Android-Geräte gibt. Einziger Unterschied: Die jeweilige Fernbedienung. Warum sich die Hersteller hier noch nicht auf einen einheitlichen Standard geeinigt haben wird mir wohl noch länger ein Rätsel bleiben.
Mein erster Eindruck beim Aufziehen: Leicht. Ich bin positiv überrascht, denn der HD 471i ist ein echtes Fliegengewicht. Keine 190 Gramm zeigt die Waage.
Dank der fest einrastenden Größenverstellung und der flexibel drehbaren Hörmuscheln passt sich der schwarze Hörer perfekt an die Kopfform an, sitzt mit sanftem Druck und bleibt auch bei stärkeren Bewegungen in seiner Position. Das Kabel samt Fernbedienung hängt an der linken Ohrmuschel. Über die Druckpunkte der Sennheiser-Steuerungen habe ich mich beim Test des Momentum In Ear schon einmal sehr positiv ausgelassen, gleiches kann ich für den HD 471i berichten. Kleine Randnotiz: Die Fernbedienung funktioniert nicht nur bei iPhone, iPad & Co, sondern auch an Apple Rechnern. Und das gilt auch für das eingebaute Mikrofon, mit dem man über das angeschlossene Smartphone oder Tablet auch ganz problemlos telefonieren kann.
Das Zubehör indes ist reichhaltig: Neben einem Zusatz-Kabel mit etwas stabilerem Klinkenadapter, dafür aber ohne Kabelfernbedienung, einem vergoldeten Adapter auf die große 6,35 Zoll-Klinke, findet sich im blau-schwarzen Paket auch noch eine praktische Mikrofasertasche, in welcher der HD 471i bequem Platz findet und auf Reisen, aber auch bei Nichtbenutzung geschützt wird. Gerade letzteres Gimmick habe ich schon häufiger bei deutliche teureren Geräten bemängelt. Gut, dass Sennheiser hier auch in der Einsteiger-Klasse keine Kompromisse macht.
Doch kommen wir zur wichtigsten Eigenschaft des kleinen schwarzen Hörers: Seinem Klang. Wir starten mit „Who Is He (And What Is He To You?)“ von Tower of Power. Das Fender Rhodes ist präsent, Hi-Hat und Snaredrum zischen und scheppern genau wie es sein soll. Die Stimme von Larry Brags wirkt natürlich-kraftvoll. Und: Das bleibt auch so, wenn ich die Lautstärke von ganz niedrig bis weit über das Wohlfühl-Niveau hinaus drehe. Klangstabil ist der HD 471i auf jeden Fall, die Höhen und Mitten sind trennscharf und feingliedrig. Doch in Sachen Bass könnte es für meinen Geschmack fast ein bisschen mehr sein. Der erste Eindruck bestätigt sich auch bei „Seven Seas“ von Kontrabassist Avishai Cohen. Nicht unangenehm, aber es fällt auf. Vor allem, da der HD 471i in Sachen Klang sehr vieles richtig macht und mich vor allem mit seiner für diese Preisklasse ungekannten Klang-Auflösung überzeugt. Wer es nicht glauben mag, sollte mal „Ani Aff“, ebenfalls aus der Feder von Avishai Cohen, anspielen und etwas lauter aufdrehen. Der rasselnde Schellenkranz, das sanfte Schnalzen der Bass-Saiten, das der Melodie folgende Piano – und sogar die Blechbläser-Akzente – alles bildet der HD 471i mit Bravour ab. Der Frequenzbereich reicht laut Herstellerangaben von 16 bis 24,000 Hertz.
Zweiter Wermutstropfen: Die Schallisolierung nach außen ist – sicher auch dem geringen Gewicht geschuldet – etwas dünn. Davon bekommt der Hörer erst einmal nichts mit, wenn es um ihn ruhig ist – wohl aber sein Umfeld. Und damit dürfte auch die Frage nach dem Haupteinsatzgebiet des HD 471i geklärt sein: Am wohlsten „fühlt“ er sich zuhause. Auf dem Sofa zum Beispiel. Oder am Rechner.
Und dennoch: Gemessen an der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers – sie liegt bei 99 Euro – hat Sennheiser mit dem HD 471i einen echten Treffer gelandet, den ich vielleicht nicht unbedingt Fans von basslastigen Hip-Hop- oder House-Tracks ans Herz legen würde. Doch wer nach einem Kopfhörer um 100 Euro sucht und auf eine natürliche Klangwiedergabe, gepaart mit einer bemerkenswerten Auflösung wert legt, der sollte sich den HD 471i einmal genauer ansehen. Und anhören. Mehr Informationen gibt es auf der Webseite des Herstellers.
„Ruhe, Stille, Sofa und eine Tasse Tee geht über alles.“ sagte einst Theodor Fontane. Und ja: Manchmal freue auch ich mich über einen Moment der Stille. Doch diesen klangvollen Nachmittag auf der Couch werde ich noch ein wenig in den Abend verlängern. Auch, wenn der Tee längst getrunken und die Schokolade gegessen ist…