Gregory Porter zu Gast im Kurpark Wiesbaden

Gregory Porter zu Gast im Kurpark Wiesbaden

Es ist heiß. Sehr heiß. 33 Grad zeigte das Thermometer zwischen Kurhaus und Kurpark – und das um 19 Uhr im Schatten. Kein gutes Wetter für dicke Kopfbedeckungen, sollte man meinen. Und doch war es der Abend des wohl derzeit berühmtesten Schiebermützenträgers der Jazz-Szene – Gregory Porter, der am 3. August und im Rahmen des Rheingau Musik Festivals mit seiner Band Station in der hessischen Landeshauptstadt machte. Bis auf den letzten Stuhl ist der Platz vor der Konzertmuschel im Wiesbadener Kurpark besetzt – 3.000 Tickets wurden verkauft.

Fast, so berichtet Michael Herrmann, Intendant und Geschäftsführer des renommierten Festivals, hätte das Konzert auf der Kippe gestanden, da einige, wichtige Teile der Instrumente und die Kleidung der Künstler am Pariser Flughafen Charles De Gaulle gestrandet waren. Doch ein paar Minuten vor dem geplanten Beginn fanden dann die Schlagzeug-Becken ihren Weg nach Wiesbaden – und die Verzögerung war marginal.

Fünf Minuten nach sieben war es dann so weit: Die fünfköpfige Band betritt die Bühne und die ersten Akkorde von „Holding On“, Eröffnungstrack des Longplayers „Take Me To The Alley“, erklingen. Als dann einige Augenblicke später auch der Hüne mit der sanften Stimme erscheint, besteht kein Zweifel mehr: Dieser Mann lebt und atmet den Soul. Und hat die großartige Gabe, mit seiner schieren Präsenz und der Kraft seiner warmen Stimme Räume, Säle und sogar den halben Kurpark einzunehmen. Dafür wird Gregory Porter zurecht mit Lob und Verkaufsrekorden seiner Musik belohnt.

Der Konzertabend ist eine Mischung der Songs seiner Alben von „Liquid Spirit“ bis zum aktuellen „Nat ‚King‘ Cole & Me“ aus dem vergangenen Jahr. Es ist ein schöner Wechsel aus Balladen und Uptempo-Stücken, swingenden und straighten Songs, die vor Soul und Blues nur so triefen. Und das ist vor allem der virtuosen Instrumentierung und der perfekt harmonierenden Band zu verdanken. Besonders die Rhythmusgruppe aus Jahmal Nichols am Kontrabass, Albert „Chip“ Crawford am Piano und Emanuel Harrold an den Drums funktioniert wie eine gut geölte Maschine. Es groovt, es swingt, es geht voran. Und zwar ordentlich. Und auch der grandiose Tivon Pennicott am Sax weiß ebenso zu überzeugen wie Ondrej Pivec an der Hammond-Orgel. Ungleich anderer Formationen, bei denen alles nur auf den Frontman zugeschnitten scheint, herrscht hier das perfekte musikalische Gleichgewicht: Jeder darf – und kann – solieren. Das Publikum zeigt sich begeistert und spendet reichlich Szenenapplaus. Bei „Don’t lose your Steam“ ist der Dampf im Kessel förmlich spürbar, bei „Liquid Spirit“ klatscht der ganze Kurpark mit. Doch Porter kann auch anders. So bleiben für Nat „King“ Cole’s „Smile“ nur „Chip“ Crawford und er selbst auf der Bühne. Gänsehautfeeling macht sich breit.

Den Abschluss bildet ein furioses Medley über eigene und fremde Songs. Die Basis bildet Porter’s „Musical Genocide“, das mit einem mehrminütigen Kontrabass-Intro von Jahmal Nichols beginnt. Und alleine darin werden schon Stevie Wonders „Master Blaster“ oder „Come Together“ von den Beatles zitiert. Doch es wird noch ausschweifender. Von „Papa Was A Rolling Stone“ bis hin zu Beethovens 5. Sinfonie reicht die Bandbreite – das Publikum zeigt sich tief beeindruckt.

Damit dürfte auch der letzte Beweis erbracht sein, dass Gregory Porter in keine Schublade passt oder sich mit irgendwelchen Genregrenzen zufrieden gibt. Zwei Zugaben gibt es für die dankbaren Zuhörer. Am Schluss von „Thank You (for letting me be myself)“, im Original von Sly And The Familie Stone gibt es noch ein krachendes Orgel-Solo, dann verabschieden sich die Musiker sukzessive von der Bühne, bis am Ende nur noch Emanuel Harrold übrig ist und noch ein paar Minuten alleine an den Drums weitergroovt. Dann ist Schluss mit einem der Konzerthighlights des Rheingau Musik Festivals 2018.

Übrigens: Das Konzert wurde mitgeschnitten und ist bis Anfang September auf arte.tv zu sehen!

Fotos: wegotmusic.de