Quartett statt Big Band: The Roger Cicero Jazz Experience

Quartett statt Big Band: The Roger Cicero Jazz Experience

+++ UPDATE 29. März 2016 +++ Anlässlich des Todes von Roger Cicero haben wir hier einen Nachruf mit Bildergalerie veröffentlicht.

Von Roger Cicero hat man in jüngster Vergangenheit nicht ganz so viel gehört. Gefühlt ist es ein wenig stiller geworden um den Mann, der einer ganzen Generation von Männern mit Alben wie „Männersachen“ oder „Artgerecht“ aus der Seele sprach und bewies, dass schmissige deutsche Texte, kombiniert mit fetzigem Big-Band Sound eine zeitlose – und verdammt gute – Sache sind. Auch der Autor dieses Textes hatte die CDs im Auto laufen, sang mehr schlecht als recht mit und darf bis heute als sehr textsicher in diversen Songs bezeichnet werden.

Und jetzt? Back to the roots? Irgendwie schon. Denn schon der englische Bandname The Roger Cicero Jazz Experience zeigt, dass Cicero ein neues musikalisches Kapitel aufgeschlagen hat. „Vor unseren ersten Konzerten war es mir wichtig, möglichst jedem Konzertbesucher mitzuteilen, dass dieses Programm ausschließlich englischsprachige Jazzversionen enthält, damit unsere Auftritte nicht mit falschen Erwartungen besucht wurden“, weiß Cicero zu berichten. Trotzdem wollte so mancher Konzertbesucher noch „Zieh‘ die Schuh‘ aus“ oder aber „Frauen regieren die Welt“ hören. Doch genau davon wollten sich Cicero und seine Musiker nicht abschrecken lassen. So klingt der Sound von Mathias Meusel (Drums), Maik Schott (Piano) und Hervé Jeanne (Bass) auch anders als das, was man bisher von Roger Cicero gehört hat. Aber nicht nur. Denn ein paar charakteristische Merkmale kann der Mann am Mikrofon auch bei seinem neuen Projekt nicht verleugnen.

Die Arrangements wirken solide und gekonnt, die Instrumentierung absolut gelungen. Das Album ist eine gefällige, vereinzelt etwas glatt gewordene Mischung aus Jazz und Pop mit zu wenig Ecken, an denen man sich stoßen könnte. Zum Repertoire zählen Cover wie Paul Simons „50 Ways To Leave Your Lover“ oder „Tom Taubert’s Blues“ aus der Feder von Tom Waits. Doch auch Jazz-Standards wie „Moody’s Mood“ oder das Swing-Piece „Benny’s From Heaven“ sind mit dabei. Roger Ciceros Stimme ist präsent, manchmal fast ein bisschen zu stark im Vordergrund. Variantenreich, mal scattend, mal etwas schnodderig, oft geradlinig singt er sich durch die zehn Songs, schafft es dabei aber gewohnt nonchalant, den mehrheitlich dem Pop entsprungenen Songs eine jazzige Seite abzugewinnen.

Fazit: Ein bisschen weniger Cicero, ein bisschen mehr Jazz, mehr Soli, mehr Bluenotes, hätten das Album von einem guten zu einem wirklich besonderen Album gemacht – wobei das nun wirklich das berühmte „Meckern auf hohem Niveau“ ist. Denn über die musikalische Qualität lässt sich nichts negatives sagen.

The Roger Cicero Jazz Experience, erschienen bei wavemusic.

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