Introspektive Lloyd Cole-Songs im Ambient-Sound

Introspektive Lloyd Cole-Songs im Ambient-Sound

Nachdem er zunächst als Frontmann von Lloyd Cole & The Commotions und später solo insgesamt sechzehn Alben veröffentlicht hat, erforscht Lloyd Cole nun auf seinem neuen Werk „On Pain“, was es bedeutet, ein Singer-Songwriter im 21. Jahrhundert zu sein. Mit großer Neugier setzt Cole auf Sparsamkeit und verstärkt diese durch den suggestiven Einsatz analoger Synthesizer-Sounds. Diese Songs blinken und flackern wie Neonlichter: mal stimmungsvoll, melodisch oder auch nachdenklich und offenherzig. Seine Texte haben Kurzgeschichten-Charakter, ähneln bisweilen Drehbüchern. Doch hat man sich erst mal an die Apparate-Technik gewöhnt, ist „Warm By The Fire“ beinahe wie ein Stück mit den Commotions aus den Achtzigern. Der Commotions-Mann Blair Cowan ist übrigens für einige Stücke zurückgekehrt. Viele Songs sind es ohnehin nicht: gerade mal acht Stücke. „Wolves“ kommt verträumt, verführerisch, glamourös daher und ist gut sieben Minuten lang. Coles Songs mit den vielen Keyboardklängen erinnern zuweilen an die letzten Alben von Leonard Cohen, Momos oder Schiller, die ebenfalls auf diesem Trip waren.

Seit rund vierzig Jahren schreibt und singt Cole seine Songs. Anders instrumentiert sind sie diesmal schon. Keyboardflächen fast all über all, dazu eine Art Bontempi-Rhythmus-Maschine. Repetitive Töne und dissonante Endlosschleifen prägen das Gesamtbild. Rhythmische Vibes haben eher Seltenheitswert. Lediglich „This Can’t Be Happening“ bietet einige gelungene Groove-Momente. Der Gesang ist teils verfremdet oder Echo-gedoppelt. Geloopte Tasten-Zitate gibt es zuhauf.

„On Pain“ ist Coles zwölftes Album als Solokünstler und enthält acht neue Songs von Lloyd Cole, von denen vier von den Commotions-Gründungsmitgliedern Blair Cowan und Neil Clark mitgeschrieben wurden. Das Album wurde von Chris Merrick Hughes produziert und in Lloyds Dachbodenstudio The Establishment in Massachusetts aufgenommen. Cole hat für den Herbst eine Europa-Tournee angekündigt. Neben Lloyd werden auch Blair Cowan und Neil Clark sowie die isländische Schlagzeugerin Signy Jakobsdottir aus Glasgow mit von der Partie sein.

Ende gut, alles gut? Sagen wir es so: Man muss sowas mögen. „On Pain“ ist gewiss kein schlechtes Album, aber man muss wissen, dass Coles Alben längst kein Fall mehr fürs Massenpublikum sind, sondern eher für die Artpop-Fraktion. „Ich mag es, Szenarien der Ungewissheit zu entwerfen“, bringt er selbst sein Anliegen auf den Punkt. Da mag sich jeder seinen Reim draufmachen.

Die konkreten Situationen sind einem distanzierteren Geschichtenerzählen gewichen. Besonders charmant ist „The Idiot“, das ein Gespräch imaginiert, dass Iggy Pop mit David Bowie führt, bevor sie nach Berlin ziehen, um von den Drogen loszukommen. Überhaupt sind die Platten der beiden aus ihrer Berliner Zeit ein unüberhörbarer Einfluss auf „On Pain“.

Lloyd Cole: „On Pain“ ist auf dem Label earMuisc/Edel erschienen.

Tagged under:

,