Iggy Pop hat noch jede Menge Power

Iggy Pop hat noch jede Menge Power

1969 erschien die erste Platte von Iggy Pop und seiner Band „The Stooges“. Vor 50 Jahren wurde also der erste Punk-Prototyp geliefert. Und heute? Heute ist der 75-Jährige immer noch am Start. Kürzlich ist sein neuestes Werk, vermutlich die Nummer 19, erschienen, Titel „Every Loser“. Nur gut 30 Minuten lang, aber die haben es in sich. Der ewige Störenfried und sympathische Krakeeler vor dem Herrn ist also wieder da. Auf seinem letzten Album wartete Iggy Pop noch mit Jazz und fast betulich klingenden Chansons auf. Typisches Alterswerk, dachte man. Da hat einer genug vom Rock’n’Roll-Zirkus.

Nach den ersten Tönen und den ersten Textzeilen des neuen Albums löst sich dieser Eindruck aber schnell auf. Laut, schnell und ungezügelt geht es diesmal wieder zu.Trotz anderslautender Gerüchte hat er überlebt, Lou Reed und David Bowie, seine Kollegen von früher, die einen ähnlich heftigen, drogengeschwängerten Lifestyle pflegten, haben längst das Zeitliche gesegnet. Doch Iggy Pop „is still standing“.

Auf „Ever Loser“ ist eine Rock-All-Star-Riege zu hören. Die unglaublich coole, tiefe Stimme trägt alles – und wird begleitet von namhaften Musikern. Den Bass spielt Duff McKagan von Guns N‘ Roses. Am Schlagzeug sind Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Travis Barker (Blink-182) und der kürzliche verstorbene Foo-Fighters-Drummer Taylor Hawkins zu hören. Ex-Chili-Peppers-Mitglied Josh Klinghoffer spielt Gitarre und diverse Tasteninstrumente. Außerdem sind Dave Navarro und Eric Avery von Jane’s Addiction dabei. Viele der Musiker sind auch als Co-Songwriter aufgeführt. Produziert hat Andrew Watt, der schon mit Justin Bieber, Miley Cyrus und Pearl Jam gearbeitet hat.

Erfolgsproduzent Watt sorgte dafür, dass Heavy-Metal-Gitarren und viele lärmende Synthesizer die neuen Geschichten und Bekenntnisse wie „I’m a neo punk“ von James Osterberg jr. – so Pops bürgerlicher Name – nicht übertönen. „Ich bin in Aufruhr“, bellt er heiser in „Frenzy“, dem ersten Song des erstaunlich vitalen neuen Albums – und stellt klar, wer die dicksten Eier hat: „Got a dick and two balls, that’s more than you all“. Die Musik dazu donnert und vibriert. Im Track „Emotionally I’m a celebrity“ feiert er sich selber. Daneben teilt Pop gegen Onlinetrolle in den Kommentarspalten aus („Comments“), ätzt gegen das korrupte Hollywood- und Musikbranchen-Babylon („The Regency“) und reflektiert in „Strung Out Johnny“ die Verlockungen seiner lange überwundenen Drogensucht. Das beinahe balladeske „New Atlantis“ widmet sich wehmütig dem in der Klimakrise nahenden Untergang seiner Wahlheimatstadt Miami. „Every Loser“ ist ein starkes und angemessenes Alterswerk geworden.

Iggy Pop: „Every Loser“ ist bei Warner Music erschienen.