Vorläufige Lebensbilanz des kultigen Loudon Wainwright III

Vorläufige Lebensbilanz des kultigen Loudon Wainwright III

Mehr als zwei Dutzend Langspielplatten hat der gute Mann inzwischen unters Musikvolk gebracht. Stets mischen sich Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung in den Songs. Sentimental bekennt Loudon Wainwright III im Titelsong seines neuen Albums „Lifetime Achievement“ als größte Errungenschaft betrachte er, die Liebe seiner Angebeteten „gewonnen“ zu haben. In „One Wish“ listet er a capella alle Wünsche auf, die man im Leben frei haben sollte. In „Island“ singt er das Hohelied auf die Familie. Ziemlich frivol reimt er in „I Been“ das Geständnis „I’m fussin’ and frettin’“ mit dem Bekenntnis „I’m underpants wettin’“. Völlig ironiefrei sinniert er in „How Old Is 75?“ auch darüber, dass man mit Gott keine Verträge abschließen kann. Betörendstes Stück überhaupt ist dann das Liebeslied „It Takes 2“ mit seinem hinreißend begleitenden Akkordeon.

Loudon III ist Kult, und er ist Oberhaupt einer musikalischen Familie. Seine Frau war die kanadische Sängerin Kate McGarrigle, die mit ihrer Schwester Anna ein Duo bildete und 2010 verstorben ist. Aus der Ehe stammen die beiden Kinder Martha und Rufus Wainwright, die beide ebenfalls Musik machen, nur eben viel erfolgreicher als ihr Dad.

Seine großen Erfolge? 1973 kommt er mit dem Titel „Dead Skunk“ auf Platz 16 in die Charts – seine einzige Platzierung. 1985 und 1986 erhält er immerhin zwei Grammy-Nominierungenund 1994 schließt der große Johnny Cash sein erstes „American Recordings“-Album mit Wainwrights „The Man Who Couldn’t Cry“ ab.

Loudon macht unverdrossen weiter, er hat weitere kreative Wege für sich gefunden. Er hat Erfolge als Schauspieler. Er war der singende Chirurg in M*A*S*H, später spielt er immer wieder Nebenrollen in großen Hollywoodfilmen, unter anderen „28 Tage“ mit Sandra Bullock (2000). Mit Joe Henry schreibt er außerdem den Soundtrack zu Judd Apatows Film „Beim Ersten Mal“ (2007).

Nun also verleiht er sich mit „Lifetime Achievement“ selber den „Preis für sein Lebenswerk“. Wieder mal so typischer Wainwright Humor, der sich auch durch dieses Album zieht. Seine Songs handeln vom Gegensatz „Stadt vs. Land“, von missratenen Familienurlauben oder von Diktatoren. Manchmal aber lässt der große Humorist, der über allem steht, seine Verwundbarkeit spüren, dann wird es melancholisch und fast schon dunkel wie bei „One Wish“. Denn dieses Album ist durchaus auch ein Rückblick auf Leben und Karriere.

Die Songs sind zum Großteil sparsam instrumentiert. An anderer Stelle unterstützen ihn seine Mitstreiter. Es sind seine langjährigen Weggefährten Chaim Tannenbaum (Gesang, Banjo, Mundharmonika), Tony Scherr (Gitarre und Bass), Rich Pagano (Schlagzeug, Percussion), Jon Cowherd (Wurlitzer, Orgel) und einige andere, darunter ein Streicharrangement von Rob Elch. Mit zu Wainwrights Gang gehört auch der legendäre David Mansfield (Violine, Bratsche, Mandoline, 12-saitige Gitarre, Weissenborn-Gitarre, Pedal Steel), der 1975/76 und 1978 mit Bob Dylan auf Tournee ging und 1980 die Musik zum ebenso legendären Western „Heaven’s Gate“ schrieb und bei der unvergessenen Szene auf der Rollschuhbahn mitwirkte. Aufgenommen wurde das Album mit den zwei langjährigen Produzenten von Wainwright, Dick Connette und Stewart Lerman.

Fazit: Loudon Wainwright III hat ein Album vorgelegt, dass so etwas wie sein Vermächtnis darstellt: Leidenschaftlich, engagiert und vielfältig, witzig und weise, aber auch manchmal melancholisch und dunkel. Bravissimo!

Loudon Wainwright III: „Livetime Achievement“ ist auf dem Label Proper erschienen.

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