Keith Jarretts Live-Konzert von 2016 in Bordeaux

Keith Jarretts Live-Konzert von 2016 in Bordeaux

Das Album „Bordeaux Concert“ reiht sich in die besonderen Momente von Keith Jarretts letzter Europatournee 2016 ein und zeigt wieder einmal die vielfältigen Ausformungen und Nuancen jeder seiner Auftritte. Jedes von Jarretts Solo-Klavierkonzerten 2016 hatte seinen ganz eigenen Charakter und Reiz, und in Bordeaux stand die lyrische Herangehentsweise klar im Vordergrund. In einer herausragenden Besprechung des nun vorliegenden Konzerts schrieb die französische Zeitung Le Monde: „Keith Jarretts Erinnerungen – sei es Jazz, Klassik, Experimentell – sind unbegrenzt. (..) Er schafft eine Gemeinschaft des Zuhörens am Rande der Stille, abseits vom Lärm und der Müdigkeit der Welt.“ Zuvor hatte das Label ECM bereits die Solo-Konzerte in München und Budapest veröffentlicht.

Konzerte von Keith Jarrett spiegeln stets den aktuellen Gemütszustand des Meisters der freien Improvisation wider. In aller Regel geht er ohne Titelliste auf die Bühne, er spielt keine vorbereiteten Stücke, er hat meist auch keine Themen im Kopf, über die er improvisieren will. Wohl aber bringen ihn der Ort, an dem er auftritt, das Konzertgebäude, der Konzertsaal, die Bühne, der Flügel, das Publikum in eine Verfassung, die ihn beflügelt. Am 6. Juni 2016 war die Stimmung gut. Sehr gut sogar. Und es wurde ein starkes Konzert in der Opéra National von Bordeaux, eines mit romantischen Momenten, mit einprägsamen Motiven, mit verspielten Tonschleifen, mit Spannung und Entspannung und einem Keith Jarrett, der mal zufrieden, mal unzufrieden brummte. Oder, anders gesagt, er war – so scheint es – völlig bei sich selbst und dem Flügel sowie den Klängen, die er dem Instrument entlockte. Und Jarrett bewies einmal mehr, dass er auf seine altbewährte Art aus dem Nichts etwas erschaffen kann.

Insgesamt 13 Titel umfasste das Konzert in Bordeaux, die im Booklet schlicht mit römischen Ziffern aufgelistet werden. Zu Konzertbeginn purzeln die Töne nur so dahin, von der Höhe in die Tiefe. Aus dem Einfall formen sich Strukturen zu einem fast dreizehnminütigen Stück: ein faszinierender Prozess, der sanft ausklingt.

Keith Jarrett, der Mann aus Pennsylvania, spielt eine improvisierte Musik am Klavier, die natürlich auch mit Jazz zu tun hat, aber beileibe nicht nur. Man hört da viel Klassisches heraus, Komponisten wie etwa Mussorgsky, mal den späten Schubert, manchmal ausladende gleichmäßige Läufe, wie man sie von dem famosen Pianisten Arturo Benedetti Michelangeli kennt. Vor allem aber hört man viel Jarrett, der sich am eigenen Klang abarbeitet.

Keith Jarrett: „Bordeaux Concert“ ist bei ECM erschienen.

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