Wunderbare Welt voller musikalischer Intimität

Wunderbare Welt voller musikalischer Intimität

Kluge, durchdachte, neugierige und zeitgenössische Jazzmusik. Wer sucht, der findet sie. Zum Beispiel auf dem Album „The Next Door“ von der Pianistin Julia Hülsmann. „The Next Door“ ist keine Produktion, zu der sich drei Musiker und eine Musikerin kurzfristig zusammenfanden, probten und aufnahmen. Die zwölf im Studio La Buissonne aufgezeichneten Titel sind das Gemeinschaftswerk eines in sich stimmigen, bestens aufeinander abgestimmten Quartetts, in dem jeder dennoch eine eigene Stimme, Rolle und Funktion hat. Eröffnet wird das Werk mit klaren Akkorden von Julia Hülsmann. Kontrabassist Marc Mühlbauer, der Schlagzeuger Heinrich Köbberling und der Tenorsaxofonist Uli Kempendorff klinken sich dann ein und der Hörer wird in eine wunderbare Welt voller musikalischer Intimität, des Aufeinander-Hörens, der Spannung zwischen Komposition und Improvisation entführt.

 „Unsere verschiedenen Rollen im Quartett sind offener und freier gestaltet als im Trio. Auch wenn es einen zusätzlichen Musiker gibt, ist es nicht notwendig, Aufgaben strikt zuzuweisen. Ich kann mich am Klavier frei bewegen, von Unisono-Linien zur melodischen Begleitung wechseln und dann in eine Basslinie übergehen – alles nahtlos, weil wir uns immer gegenseitig zuhören. Das ist unsere oberste Priorität,“ erklärt Julia Hülsmann die Herangehensweise der Band.

Dabei wird zum Beispiel der Titel „Polychrome“ durch den Wechsel der Instrumente und die unaufdringliche Spielhaltung zum vielschichtigen impressionistischen Klanggemälde. In „Lightcap“ steigern sich knappe Gedankenlinien zum funkelnden Finale. „Made of Wood“ kommt mit einem erdigen Ton daher, vorangetrieben durch geradlinigen Swing.

Und so erzählt jeder Titel eine kleine Geschichte. Zehn Themen stammen von der Band. „Jetzt noch nicht“ gibt es sowohl als Duett von Hülsmann und dem Tenorsaxofonisten Uli Kempendorff als auch mit der vollständigen Band. Mit der einzigen Fremdkomposition, „Sometimes It Snows in April“ aus Prince’s Album „Parade“, verneigt sich das Quartett vor dem Ausnahmemusiker und lässt den Song als gefühlvolle, tief melodiöse Ballade erblühen. Die Abfolge der einzelnen Titel lässt zudem ein flexibles Spannungsband entstehen.

Anleihen in der Jazztradition, zwischen den modalen Gepflogenheiten der 60er Jahre und Post-Bop verortbar, ziehen sich wie ein roter Faden durch „The Next Door“. Die Art und Weise, wie die Gruppe mit diesen Einflüssen umgeht und sie sich zu eigen macht, ist bewundernwert. Fazit: Dieses hörenswerte Album wird von einem starken Ensemblegeist getragen, der die Voraussetzung für ausdrucksstarke Soli und intuitives Zusammenspiel schafft.

Julia Hülsmann Quartet: „The Next Door“ ist auf dem Label ECM erschienen.

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