71 Jahre alt ist John Scofield inzwischen. Gefühlt ist er aber noch immer einer der jungen Wilden. Einer, der immer frisch und nach Aufbruch klingt. Aber klar: Von seinen Anfängen als Sideman bei Gerry Mulligan, Chet Baker oder Billy Cobham über seine Zusammenarbeit mit Charles Mingus, Herbie Hancock, Joe Henderson oder Miles Davis bis hin zu seinen stilprägenden Aufnahmen mit Medeski, Martin & Wood und zuletzt seine fantastischen „Swallow Tales“ ist jede Menge passiert. Und Scofield hat in so ziemlich jeder möglichen Formation gespielt.

Nur eines ist auch für ihn noch Neuland: ein Solo-Album. Sein selbstbetiteltes Album schließt nun auch diese Lücke. Die insgesamt 13 Titel sind zum Teil neue Versionen ausgewählter Stücke aus seinem Back-Katalog sowie Interpretationen verschiedener Jazz-, Rock’n’Roll und Country-Standards.

So treffen „Coral“ von Keith Jarrett auf Buddy Hollys „Not Fade Away“ und Scofields „Elder Dance“ auf eine Version von Hank Williams’ „You Win Again“. Mit „Danny Boy“ und „Junco Partner“ sind auch noch zwei Taditionals dabei. Eine nur auf den ersten Blick wilde Mischung, denn Scofield hat die Tracks ganz bewusst ausgesucht und erzählt im Booklet schlüssig und unterhaltsam von der Bedeutung, die diese Songs für ihn haben.

Befürchtungen, Scofield könne ohne Sidemen an Aussagekraft verlieren, sind unbegründet. Denn egal, ob er aufs Tempo drückt, swingt oder in Balladen schwelgt: John Scofield ist in jeder Sekunde überraschend, sein Ton einzigartig und sein Spiel beseelt. Das macht das Solo-Werk zu einem enorm kurzweiligen und spannenden Album. Und zu einem, das seine Discografie um eine neue Facette bereichert. Die neue CD von John Scofield fasst alle Einflüsse und Idiome, denen der Gitarrist im Laufe seiner langen Karriere begegnet ist, in intimen Solo-Vorträgen zusammen – begleitet von seinem eigenen rhythmischen Puls und akkordischer Untermalung durch ein Loop-Gerät.

John Scofield: „John Scofield“ ist auf dem Label ECM erschienen.