Ghost Song ist ein großartiges Gesamtkunstwerk

Ghost Song ist ein großartiges Gesamtkunstwerk

Cécile McLorin-Salvant steht für unkonventionellen Jazz. Mehr noch: Sie ist auf eigenwillige Art individuell. Für ihre jüngsten drei Alben gewann die Wahl-New-Yorkerin Grammys in der Kategorie „Best Jazz Vocal Album“. Die 32-jährige Sängerin Cécile McLorin-Salvant gilt als eines der großen Jazz-Talente unserer Zeit. Sie ist eine Frau, die in Sachen Repertoire immer wieder Eigenes zu bieten hat. Das gilt auch für ihr neues Album „Ghost Song“.

Sieben Tracks des Albums stammen diesmal von ihr selbst. Daneben stehen Songs zum Beispiel von Sting oder Gregory Porter, aus dem „Wizard of Oz“ sowie von Brecht und Weill. Alles wird höchst individuell durch Stimme und Ausstrahlung miteinander verbunden. Natürlich transportiert ihre Stimme große Jazz-Vergangenheit, gleichzeitig aber betritt sie individuelles Neuland. Soll heißen, kein konventioneller Vokal-Jazz, dafür wunderbare Momente der Leichtigkeit mitsamt einiger schrulligen Momente. Jeder Song dieses Albums ist klischeefrei und spannend. McLorin-Salvant liebt die afroamerikanische Tradition, doch sie nähert sich ihr als Außenseiterin. „Ghost Song“ ist ein weiteres Dokument ihres herausragenden Talents. Mit ihrer Stimme wandert sie durch Genres und Stimmungen, Höhen und Tiefen, Volumen und Hauchen, als sei das alles ein Kinderspiel. A cappella und mit glasklarer Stimme verwandelt sie den Kate Bushs Hit „Wuthering Heights“ in ein Kunstlied, bevor Elektrobass und ein historischer Synthesizer den Refrain unterstützen.

Danach folgt Harold Arlens „Optimistic Voices“ mit Banjo-Begleitung. Ein stimmungsvoller Song von Gregory Porter („No Love Dying“) schließt sich an. Dann covert sie Stings „Until“ mit zurückhaltender Begleitung bevor sie Marc Blitzsteins englische Version des Brecht/Weill-Songs „The World Is Mean“ in einen Mix aus Chanson, Cabaret und Salsa versetzt.

Um unerfüllte Liebe geht es in ihren eigenen Songs. Im bluesigen „Ghost Song“ hängt sie einem Verlust nach, in „Obligation“ stellt sie Fragen nach dem Verhältnis von Liebe, Verpflichtung, Sehnsucht, Sex, Erwartungen und Bedrängen. Mit Anklängen an die Minimal Music verkündet sie mit verzweifeltem Unterton „I Lost My Mind – Can You Help Me Find My Mind“. Sehnsucht und Nachdenklichkeit prägen auch „Moon Song“ und „Dead Popular“. Auf „Thunderclouds“ treffen Bluesfeeling und Popseligkeit aufeinander, gefolgt vom britischen Folksong „The Unquiet Grave“. Und über allem schwebt eine fantastische Stimme.

Cécile McLorin Salvant hat Stil, und sie hat Style. Mit ihrer wunderbar wandlungsfähigen, mit allen Wassern des Jazz gewaschenen Stimme schreibt sie die Tradition großer Genre-Vorgängerinnen wie Ella Fitzgerald oder Sarah Vaughan fort und fügt viel Eigenes hinzu. Ein großartiges Album!!!

Cécile McLorin Salvant: „Ghost Song“ ist auf dem Label Nonesuch/Warner Music erschienen.

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