Stockhausen Group: Spannung mit hoher Sogkraft

Stockhausen Group: Spannung mit hoher Sogkraft

Markus Stockhausen, 1957 in Köln geboren, wurde vor allem mit seinen Trio-Aufnahmen für ECM international bekannt. Er ist seit langem ein Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz. Er zählt heute weltweit zu den vielseitigsten Trompeten-Solisten. Er fühlt sich im klassischen und zeitgenössischen Repertoire ebenso zuhause wie im Jazz und im Bereich „intuitiver Musik“.

Aktuell ist das neue dreiteilige Kompositions- und Improvisationsalbum „Tales“ der Markus Stockhausen Group gerade bei o-tone music erschienen. Musikalische Erzählungen sind darauf zu finden und zwar im besten Sinne.„Tales“ besteht aus drei CDs. Deren erste ist komponierten Stücken gewidmet, die anderen beiden enthalten Improvisationen des Quartetts. In Markus Stockhausens aktueller Band fügen sich vier Temperamente zueinander und bilden einen gemeinsamen, überaus differenzierten Gruppenklang.

Stets ist da der klare, vollendet artikulierte Ton, der seit jeher Stockhausens Markenzeichen ist. Dann ist da Jörg Brinkmann am Cello mit großartigen solistischen Melodiebögen, feingliedrig und elegant. Jeroen van Vliet am Klavier ist ein wunderbarer Ensemble-Musiker mit tiefgründig harmonischer Präsenz, der seine Räume findet und behauptet, ohne sich orchestral aufzuspielen; in improvisierten Stücken ist er immer wieder auch am Synthesizer zu hören: zurückhaltend, nie effektheischend. Christian Thomé am Schlagzeug schließlich verbindet filigranes, klangsinnliches Spiel mit gebotener Lässigkeit. Die insgesamt neun komponierten Stücke der ersten CD sind von souveräner Klarheit, klassisch aufgebaut und gespielt. Die ausnotierten Passagen gehen über das, was im Jazz „thematisches Material“ heißt, weit hinaus.

Auf den beiden improvisierten CDs zeigt sich, dass der Konsens im Quartett auch ohne kompositorische Vorgaben weit reicht. Er ist elastisch und ermöglicht weiter gefasste klangliche und spielerische Freiheiten. Grundsätzlich gilt, auch für die elektronischen Klänge des Synthesizers, dass man in der gemeinsamen musikalischen Arbeit aufeinander hört, Anregungen aufgreift, anreichert und weitertreibt. Dass man sich Zeit nimmt und Zeit gibt. So entsteht eine Spannung mit hoher Sogkraft.

Jedes der 25 Stücke dieses großen Albums bildet eine eigene Erzählung, mit eigenem Verlauf, eigener Form, eigenem Vokabular. Die spürbare Leichtigkeit im Eröffnungsstück „Sunday Morning“ spricht für sich. Das letzte Stück aber enthält so etwas wie ein Bekenntnis. Er gilt über den Horizont dieses Albums hinaus für Markus Stockhausens Musik, vielleicht als grundlegende Erzählung aller Musik: „Peace Is Possible“, Frieden ist möglich.„Tales“ enthält eine Vielzahl von Gänsehautmomenten und musikalischen Themen, die im Ohr bleiben. Die Musik besitzt eine große Tiefe und gleichzeitig eine Leichtigkeit, sie ist erfrischend einfallsreich und frei.

Markus Stockhausen Group: „Tales“ ist auf dem Label o-tone music erschienen.

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