Tania Saleh nennt ihren Sound Indie Arabic
Tania Saleh nennt ihren Sound Indie Arabic
Arabischer Sound und westliche Klassik: So oder ähnlich könnte man Tania Salehs Musik charakterisieren. Sie selbst nennt ihren Sound „Indie Arabic“. Ihr neues Album „10 A.D.“ klingt archaisch. A.D. für Anno Domini? Nein, hier geht es um die aktuelle Gegenwart. Aber um archaische Zustände. A.D. steht für „After Divorce“. Zehn Jahre nach der Scheidung, so hat Tania Saleh ihr aktuelles Album genannt. Nicht nur die Songs, auch das Albumcover stammt von der Musikerin und Bildenden Künstlerin. Es zeigt eine Frau vor einer Torte mit zehn Kerzen. Tania Saleh hat Humor. Aber es ist ihr zugleich bitter ernst.
Die Musik ist ein echter Spagat zwischen arabischen Klängen und westlichen Pop- und Klassik-Sounds. Letzteres diesmal besonders prominent dank eines norwegischen Streichquartetts. „Ich habe versucht, etwas Neues für das Album zu finden. Und zwar mit der Unterstützung des Libanesen Edouard Torikian bei den Arrangements und des norwegischen Produzenten Øyvind Kristiansen. Es ging darum, einen gemeinsamen Klang für das Streichquartett und die elektronischen Sounds zu schaffen – sozusagen ein eigenes Klanguniversum. Gemeinsam haben wir diese Klanglandschaft regelrecht ‚gemalt‘.“
Die 51-jährige Künstlerin erzählt in ihren Songs Geschichten mit deutlichen Botschaften. Sie komponiert die Musik und schreibt fast alle Texte selbst. Die Suche nach Identität ist ein wiederkehrendes Thema, das sich wie ein roter Faden durch ihre gesamten Werke zieht. Auch wenn sie von sich selbst sagt, für Politik sei sie nicht clever genug, nimmt Tania Saleh doch kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Verwerfungen in der libanesischen Gesellschaft geht.„Der Libanon wird regiert von einem korrupten Haufen raufender Kinder, die den Hass der religiösen Gruppierungen gegeneinander schüren und an der Macht kleben. Du kannst hier niemandem von ihnen trauen, ganz gleich aus welcher Partei, und das ist auch keine wirkliche Demokratie“, klagt Saleh. Einige Liebeslieder sind dabei, aber eben auch hasserfüllte Lieder. Saleh: „Sie beschreiben bestimmte Situationen, die mir selbst passiert sind oder die ich miterlebt habe. Es ist einerseits ein sehr persönliches Album. Andererseits reflektiert es die Geschichte anderer Frauen um mich herum“.
Sie hat das Album ihrer Mutter gewidmet, weil auch sie eine geschiedene Frau ist, und ihr Leben war noch um einiges härter als meines. Aber viele Dinge, die meine Mutter vor 40 Jahren erlebt hat, etwa im Kampf um ihre Kinder und vieles andere, das ist auch heute noch aktuell. Die Dinge – damit spielt Tania Saleh auf die patriarchalen Strukturen in ihrem Land an. Mittelalterlich mutet es an, dass im Libanon nach wie vor religiöse Gerichte und die Scharia-Gesetzgebung über Themen wie Heirat, Scheidung, Unterhalt oder Sorgerecht urteilen. Ein Zivilgesetzbuch fehlt. Frauen werden an uralte Männer verheiratet, um angeblich ihre Reinheit zu schützen, oder werden Opfer von Ehrenmorden. Nach einer Scheidung verlieren sie nicht selten ihre Kinder und erleben soziale Ächtung. Das ist der Hintergrund ihrer zehn Songs.
Tania Saleh: „10 A.D.“ ist auf dem Label Kirkelig Kulturverksted erschienen im Vertrieb von nuzzcom.