Keith Jarretts grandioses Budapest Concert wird sein letztes sein

Keith Jarretts grandioses Budapest Concert wird sein letztes sein

Live-Konzerte von Keith Jarrett waren schon immer ganz besondere Ereignisse. Denken wir an die legendären Mitschnitte wie „Bremen/Lausanne“, „The Köln Concert“ oder die „Sun Bear Concerts“. Dazu gesellte sich im November 2019 die Doppel-LP „Munich 2016“ und nun das „Budapest Concert“, das zweite Live-Album seiner 2016er Europa-Tournee, das uns als Doppel-LP vorlag.

Das „Budapest Concert” aufgenommen in der Béla Bartók National Concert Hall in Budapest verdeutlicht einmal mehr die schier grenzenlose Spielfreude und stilistische Bandbreite des Pianisten und seine einzigartige Fähigkeit, aus dem Moment zu schöpfen. Der ansonsten ungemein selbstkritische Künstler bezeichnete übrigens das neue Album vor kurzem sogar als seinen gegenwärtigen „Goldstandard”. Und das sollte nun wirklich jeden Musikfan aufhorchen lassen. Jarrett unterteilt sein Konzert in Parts. So formen sich harsche, dunkle Bassfiguren und rasante Läufe zu einem eindringlichen Part I. Wie Abendglocken wirken dagegen die Anfangsakkorde des von Warten und Entscheiden geprägten Part II.

In Part III lässt sich Jarrett Variationen einer kleinen, anfangs skizzierten Melodie einfallen und scheint manchmal selbst verblüfft, wohin ihn Finger und Fantasie führen. Seine kraftvolle Ostinato-Maschine setzt er dann in Part IV in Gang. Danach blüht Jarrett auf und liefert nach einem donnernden Intermezzo mit Part V das erste Bravourstück seiner einzigartig balladesken Improvisationskunst – superb. Heiter geht es swingend weiter, bis er dann in Reminiszenzen schwelgt, delikat tastend zu Tränen rührt (Part XI) und mit einem Blues sein Recital mitreißend abrundet. Doch das Beste gibt’s danach mit zwei traumhaft zarten Songs, „It’s A Lonesome Old Town“ und „Answer Me, My Love“ – in der Tat „Gold Standard“. Das ist freilich Keith Jarrett pur. Fest steht: Was da in zwölf Stücken und zwei Zugaben, in 87 Minuten Musik, passiert, fasst den reifen Jarrett bestens zusammen.

Nach diesem Triumph der Vielfalt dann die traurige Nachricht: Am 21. Oktober 2020 gab Keith Jarrett über die New York Times bekannt, dass er nie wieder auftreten wird. Nach zwei Schlaganfällen im Februar und Mai 2018 könne er sich inzwischen zwar wieder mit Mühe fortbewegen, aber nicht mehr Klavier spielen.

Bleibt noch zu erwähnen, dass die beiden ECM-Vinyl-Scheiben wieder einmal hochklassige Aufnahmequalität bieten. Soll heißen, die Klang-Wiedergabe der Schallplatte ist perfekt und die erstklassige Pressung ist ein zusätzlicher Garant für Wohlklang. Die gute Ausstattung wird komplettiert durch das dicke Plattencover. Alles ist on top und exzellent gemacht! Insgesamt ein grandioses Doppelalbum. Hier wurde ein Stück Musikgeschichte in Heavy-Vinyl gepresst und noch hübsch verpackt. So sollte es sein.

Keith Jarrett: „Budapest Concert“ im Doppel-LP-Format ist auf dem Label ECM erschienen.

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