Shai Maestro hat sich fürs Quartett entschieden

Shai Maestro hat sich fürs Quartett entschieden

Der Pianist Shai Maestro ist einer der zurzeit interessantesten israelischen Musiker. Bei ihm klingt alles fokussiert, ausbalanciert und melodisch fein justiert. So auch auf seinem aktuellen Album „Human“. Im Gegensatz zum Vorgänger „The Dream Thief“ hat sich Maestro einen weiteren Musiker mit ins Boot geholt. Sein bisheriges Trio mit seinem langjährigen peruanischen Bassisten Jorge Roeder, der eigentlich aus der Avantgarde-Ecke kommt, und dem israelischen Schlagzeuger Ofri Nehemya, hat er zum Quartett gemacht. Der vierte Mann ist der US-Trompeter Philip Dizack. Der Amerikaner gibt der Musik eine neue Dimension. Allerdings spielt Dizack sein Instrument mit großem Understatement. Und selbst, wenn Dizack die Töne presst oder exotische Schalmeienlaute von sich gibt, geschieht das stets wohldosiert. Philip Dizack ist kein Unbekannter in der Jazzszene, schließlich hat er schon mit Größen wie Dr. Lonnie Smith, Eddie Palmieri oder Jimmy Cobb gearbeitet. Er bereichert jedenfalls den Sound um eine neue Klangfarbe und ausdrucksstarke Improvisationen.

„Außerdem hat die Trompete eine riesige Dynamik, sie kann rufen und lauter sein als das Klavier, viel lauter. Das verändert die Art und Weise, wie ich komponiere. Es ändert außerdem die Dynamik der Gruppe. Wenn ein neues Mitglied zur Familie hinzukommt, ändert das alles,“ ist Maestro überzeugt. Eine gewisse Zurückgenommenheit bestimmt das gesamte Album auch dann, wenn der Trompeter gar nicht mit von der Partie ist und Maestro allein im nachdenklichen „Compassion“ à la Bill Evans oder im Trio (etwa in der zutiefst anrührenden Gospelnummer „Hank and Charlie“ im Gedenken an Hank Jones und Charlie Haden agiert. Das heißt aber nicht, dass es sich bei „Human“ um eine reines Balladen-Album handelt. Das Gegenteil ist der Fall: In den Stücken aus der Feder des Bandleaders geht’s zuweilen forsch zur Sache. Beispielsweise gibt es da eine 13/8-Takt-Nummer („The Thiefʼs Dream“) genauso wie komplexe Postbop-Themen im Klavier-Trompeten-Duett „GG“. Heftig geht es auch in der einzigen Fremdkomposition des Albums zu: Ellingtons „In a Sentimental Mood“ wurde gewissermaßen umgemodelt und das nicht zum Nachteil der Komposition. Genau genommen ist das Album „Human“ eine Verneigung vor den Helden des Jazz. Und noch eins: Maestro hat diesen Titel „Human“ bewusst gewählt. Für Maestro bedeutet er, Teil eines Ökosystems, einer demokratischen Gesellschaft und Teil einer Gruppe zu sein. Und natürlich ist auch die Musik Teil dieses großen Ganzen. Musik sei ein Teil des Lebens und der menschlichen Erfahrung, sagt Shai Maestro. Insgesamt hat er mit seinen Mitstreitern ein großes Album produziert.

Shai Maestro: „Human“ ist bei ECM-Records erschienen.

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