„Love Letter“: Posthumes Meisterwerk von Jimmy Heath

„Love Letter“: Posthumes Meisterwerk von Jimmy Heath

Anfang des Jahres verstarb der große Tenorsaxofonisten Jimmy Heath im Alter von 93 Jahren. Er war einer der letzten großen Musiker der Bebop-Generation. Er konnte auf eine großartige Karriere zurückblicken, auf Auftritte und Aufnahmen mit Charlie Parker, Howard McGhee, Max Roach, John Coltrane, Sonny Rollins, Benny Golson, Milt Jackson, Dizzy Gillespie, Miles Davis und viele andere mehr.

Auf Jimmy Heath’ kürzlich posthum erschienenem Balladenalbum „Love Letter“ kehrt er nochmals zu einigen Stationen seiner Jugend zurück. Man nannte ihn „Little Bird“. Jimmy Heath konnte seinem Saxofon ähnlich schnelle Riffs entlocken wie Charlie Parker, den sie „Bird“ nannten. Songwriter Tom Waits meinte einmal zu Heath, dass alle, die den Zusatz Little oder Big im Namen tragen, prinzipiell super seien. Eine schräge Ansicht, aber Big Maybelle, Little Jimmy Scott und Little Giant (Bebop-Saxofonist Jimmy Griffin) sprechen eigentlich dafür.

„Little Bird“ blieb nicht beim Bebop stehen. Nach rasanten Jahren am Altsaxofon verlegte er sich aufs Tenorsax und den Hardbop. Mit „Con Alma“ („Mit Seele“), ist ein Stück von Dizzy Gillespie darauf, das Heath einst hitzig mit ihm live gespielt hat. Nun reflektiert „Con Alma“ eher sanfte Gefühle. Zwei Lieder von Billie Holiday interpretiert Heaths Band – bestehend aus Pianist Kenny Barron, Russell Malone (Gitarre), Lewis Nash (Drums), David Wong (Bass) und Monte Croft  (Vibrafon) sowie als Gäste Trompeter Wynton Marsalis, Gregory Porter und Cécile McLorin-Salvant, besonders eindrucksvoll. „Don’t Explain“, das Holiday selbst getextet hat, ist natürlich auch dabei. „Take a bath, man, don’t explain“, sang dereinst Holiday. Hier ist es als filigranes Instrumental zu hören, bei dem sich Klavier und Tenorsax wunderbar die Rollen teilen.

Das andere Holiday-Stück ist „Left Alone“, komponiert von Mal Waldron, dem letzten Pianisten von Holiday. Aufgenommen hat es die Sängerin leider nie, weil sie immer wieder die Noten zu Hause vergaß, doch Waldron veröffentlichte es mehrmals, u. a. in einer kraftvollen Version mit Archie Shepp. Diesmal bevorzugt Heath die ruhigere Gangart bei diesem starken Song. Soll heißen: Zarte Gitarrenklänge, gehauchtes Saxofon und die mädchenhafte Stimme von Cécile McLorin-Salvant, die den Text zudem leicht verändert. Ein weiteres Highlight ist „Don’t Misunderstand“ aus dem Soundtrack von „Shaft“. Gregory Porter singt dieses Sehnsuchtslied ausdrucksstark und mit viel Wärme. Insgesamt ein würdiges und anmutiges Opus von einem grand seigneur des Saxofons.

Jimmy Heath: „Love Letter“ ist auf dem Label Verve erschienen im Vertrieb von Universal

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