16 geniale Lieder von Manfred Maurenbrecher
16 geniale Lieder von Manfred Maurenbrecher
Wenn der geniale Lied-Erzähler Manfred Maurenbrecher mit seiner herrlich rauen Stimme erdig bis bluesig sich Gedanken macht, dann heißt das meist Innehalten und Mitdenken und Mitfühlen. Maurenbrecher gelingt, was guten Liederschreibern gelingt – wir suchen und finden uns selbst in seinen Liedern wieder. Es sind seine Sprachbilder, die überzeugen. Und er weiß wahrlich großartig zu erzählen,
Am meisten überzeugen seine Sprachbilder. 70 Jahre ist er kürzlich geworden und ein Charakterkopf geblieben. Der Mann hat noch immer was zu sagen. Nachhören kann man das auf seinem aktuellen Album „Inneres Ausland“, Nummer 26 übrigens. Schnell wird klar, was seine Kunst ausmacht: Er schreibt sich Texte auf den Leib, die er so doppeldeutig singt, wie sie gemeint sind. Er knurrt und gurrt, akzentuiert die Doppeldeutigkeiten mit feinsten Tonlagen. Allein der Klang der Stimme macht’s, und das ist nahezu einzigartig in der deutschsprachigen Szene. Für Maurenbrecher steht die Welt am Abgrund. Rechte, Heuchler, Flüchtlingshasser, Weltverderber, sie alle sind längst dabei das Kommando zu übernehmen.Textzeilen wie diese sind symptomatisch für Maurenbrecher: „Meine Gedanken gehen in jede Richtung, ich träum’ vom Morden wie vom Glück, das man nicht sieht / Es kann zerstörend sein und heiter, alles möglich in ’nem angefangenen Lied.“
Der 1950 in Berlin geborene Sänger, Pianist, Buchautor und Rundfunkmoderator (obendrein promovierter Philologe) mit der markanten Stimme ist bekannt für seine gesellschaftskritischen, genau beobachtenden und sprachmächtigen Texte, in denen er Sinn und Richtigkeit des Weltgeschehens hinterfragt. Auf „Inneres Ausland“ gibt es sowohl Solo-Songs am Piano wie auch in der Bandbesetzung, aber vor allem ist es das erste Maurenbrecher-Album, auf dem – nicht durchgehend, aber wiederholt – ein Chor (Jazzomat Berlin) antritt – ein Novum. Die Songs sind eine Reise in undiplomatisches Terrain – die beobachtende Neugier des Künstlers beleuchtet die Welt bei der Suche nach einem neuen Heimatbegriff, der Sucht nach Verschwörungstheorien oder beim Gruseln vor den Wölfen in Brandenburg.
Doch es wäre nicht Maurenbrecher, wenn nicht auch die Liebe, die Melancholie oder der Ulk ihren Platz fänden. „Inneres Ausland“ ist ein 67-minütiger Songzyklus geworden, voller Poesie und Scharfsinn. 16 Lieder, mal rockig wie „Erdrutsch“ oder „Schüttmulde“, oft als Pianoballade wie in „Das Dunkle in mir“ oder „Wie viele Herzen noch?“, teilweise mit schönen Chor-Arrangements etwa in „Der Rest ist Mut“ oder „Aufstehen“.
Fazit: ein sehr gelungenes Album, das zum Nachdenken anregt, ja geradezu zwingt.
Manfred Maurenbrecher: „Inneres Ausland“ ist auf dem Label Reptiphon/Brokensilence erschienen.