Klaus Doldinger: Alte Songs in neuem Gewand

Klaus Doldinger: Alte Songs in neuem Gewand

Mit seinem neuen Album „Motherhood“ erinnert sich der inzwischen 84-jährige Klaus Doldinger an eine ganz besondere Phase seiner Karriere. „Motherhood“ ist sozusagen eine Verbeugung vor dem Sound der gleichnamigen Band aus den Sechzigern. 1969 und 1970 hat er zwei Alben mit Jazz, Funk, Pop und Soul aufgenommen – daran knüpft das neue jetzt Album an. Eine Art Rückbesinnung? Durchaus! Was stets bei Doldinger auffällt, auch hier sind seine klaren Strukturen, die Melodienvielfalt und viel Platz für Improvisationen. Zudem hat Doldinger immer darauf geachtet, dass das ältere Repertoire in neue Kontexte gestellt wurde und zwar auch deshalb, um es den jeweiligen Besetzungen zu ermöglichen, den bekannten Nummern neue Facetten abzugewinnen. Vor diesem Hintergrund ist auch Doldingers aktuelles Werk zu sehen.

Dabei ist sein Blick stark auf die Wurzeln von Passport gerichtet. 1969 und 1970 bildete die Band Motherhood so etwas wie die Blaupause für Passport. Egal wie: Udo Lindenberg und Lothar Meid waren bei beiden Bands mit von der Partie. Sinnigerweise beginnt das neue Album mit der Originalversion von „Soul Tiger“ aus dem Jahr 1969 bevor der Altmeister mit der aktuellen Passport-Besetzung mehrere Stücke aus den beiden Platten der Gruppe neu eingespielt darbietet. Sehr gelungen grooven die kompakten Arrangements der einzelnen Songs und auch für diverse Soli ist reichlich Platz. Hut ab vor diesem Grandseigneur der äußerst modern und kreativ agiert und so manchem Jungspunt zeigt wo der Bartel den Most holt.

In Doldingers Augen ist sein neues Album „Motherhood“, das er mit Passport, Gesangsgästen und Solisten wie China Moses, Max Mutzke und Joo Kraus eingespielt hat, gleichsam Rückblick und Standortbestimmung zugleich. Wie gesagt, „Motherhood“ gab es schon mal, Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre. Allerdings nicht als Albumtitel, sondern als Projektname mit dem vorangestellten Artikel „The“. Anspieltipps: „Soul Town“, „Turning Around“ und „Women’s Quarrel“.

Am Schluss bleibt zu sagen: Es scheint so, dass Klaus Doldinger nur an Jahren alt wird. Die Musik aber rockt kraftvoller als 1971, dem Gründungsjahr der ältesten deutschen Jazzrockformation, in dem er mit dem schlicht „Passport“ genannten Album die Jazzrock-Szene aufmischte.

Gegenwärtig macht sich Doldinger in der Pandemie-Krise Sorgen um die Popkultur. „Es wird die ganze Zeit über Corona und die Auswirkungen der Pandemie auf unser Leben gesprochen“, sagte der Saxofonist kürzlich. „Die Musikszene kommt bei diesen Diskussionsrunden aber so gut wie nie vor.“ Dabei sei Musik ein probates Mittel, um Lockdown-Frust und depressive Verstimmungen wirksam zu bekämpfen. Wie recht der Mann hat!

Klaus Doldinger’s Passport: „Motherhood“ ist bei Warner erschienen.

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