Avishai Cohen mit einer faustdicken Überraschung

Avishai Cohen mit einer faustdicken Überraschung

Mit seiner Band Big Vicious präsentiert der charismatische Trompeter Avishai Cohen sein gleichnamiges Album, das sich deutlich von seinen bisher bei ECM veröffentlichten Solo-Aufnahmen unterscheidet. Die Band gründete Cohen vor sechs Jahren, kurz nachdem er aus den USA in seine Heimat Israel zurückkam, mit alten Freunden: dem Gitarristen Uzi Ramirez, dem Gitarristen und Bassisten Yonatan Albalak sowie dem Schlagzeuger Aviv Cohen. 2018 gesellte sich als zweiter Drummer noch Ziv Ravitz hinzu. „Wir kommen alle vom Jazz her, aber ein paar von uns kehrten ihm vor einiger Zeit den Rücken“, fasst Avishai Cohen die stilistische Bandbreite seiner Mitstreiter zusammen. „Jeder bringt seinen Background ein und der wird Teil des Klangs der Band.“ Zur Mischung von Big Vicious gehören Elemente von Electronica, Ambient-Musik und Psychedelia , aber auch Grooves und Beats aus Rock, Pop, Trip-Hop und mehr, teils mit dem wuchtigen Klang verdoppelter Drumkits in Szene gesetzt.

Die Musik klingt oft so, als wäre lange an ihr getüftelt und feinjustiert worden. Kein Wunder, der Elektronica-Produzenten Rejoicer aus Tel Aviv hat hier seine Hand mit im Spiel. Nichtsdestotrotz entstand auf diese Weise feiner, meist elektronischer Jazz. Das Kunstvolle an diesen elektroakustischen Klanggebilden ist ihre absolute Reduziertheit. Als Fundament dient ein Sound-Skelett. Das reicht völlig aus um der melancholisch-gebrochene Musik Wirkung zu verschaffen.

Einer von mehreren Höhepunkte ist sicherlich die eindrucksvolle Version von „Teardrop“, ein Titel der Triphop-Formation Massive Attack. Und auch die anmutig-geisterhafte Version von Beethovens „Mondscheinsonate“ ist bemerkenswert. Nach dem besinnlichen und feinfühligen „Playing The Room“, das Cohen 2018 mit Jonathan Avishai für ECM Records aufnahm, ist „Big Vicious“ sicher eine faustdicke Überraschung. Dennoch: das Album fesselt durch musikalische Entschlossenheit und Gradlinigkeit. Cohen hat mal wieder seine enorme Entdeckerlust aufgezeigt und klar gemacht, dass er zu den größten Hoffnungsträger des Genres gehört.

Fazit: Avishai Cohen hat sich nie um Genregrenzen geschert. Auf seinem aktuellen Werk „Big Vicious“ beweist er dies mit eindrucksvoller Bandbreite von Beethoven bis Massive Attack. Herausgekommen ist ein mutiges und zugleich aufs Wesentliche reduzierte Album mit einem äußerst experimentierfreudigen Team.

Avishai Cohen: „Big Vicious“ ist bei ECM erschienen.

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