Ein Juwel: Betty Carters Live-Album von 1992
Ein Juwel: Betty Carters Live-Album von 1992
Es besteht kein Zweifel: Betty Carters beste Alben sind ihre Live-Aufnahmen. Und was immer sie anfasst, erweckt sie zu neuem Leben: elegant, aufregend und beredt. Die jetzt vorliegende CD „The Music Never Stops“ ist ein wunderbares Stück ungehörte Geschichte: eine Archivaufnahme eines Konzertes mit der großen Vokalistin Betty Carter in ihrer Spätphase. Aufgenommen 1992, stellt diese Show einen der wichtigsten Events der ersten Sessions des Jazz at Lincoln Centers dar.
Betty Carter nannte diese einzigartige Veranstaltung „The Music Never Stops“. Und in der Tat, die Musik legte tatsächlich keine Pause ein. Sie brachte drei Trios, eine Big Band und ein Streicher-Ensemble auf der Bühne zusammen und wechselte ununterbrochen von einem Ensemble zum anderen, wandelte so nahtlos und mühelos zwischen feurigem Bebop und tiefgehenden Balladen. Kein Geringerer als Wynton Marsalis ermöglichte es ihr, am 29. März 1992 dieses große Konzert im Lincoln Center zu geben, bei dem sie abwechselnd auf eine fantastische Bigband mit Solisten wie dem Saxofonisten Lou Marini oder dem Trompeter Lew Soloff und ein Trio mit Pianist Cyrus Chestnut und den Schlagzeugern Greg Hutchinson oder Clarence Penn zurückgreifen konnte. Die Ballade „If I Should Lose You“ singt sie, lediglich von Geri Allen am Flügel begleitet. Carter, die unzählige Musiker begeistert und inspiriert hat, gleitet geschmeidig, aber stets herausfordernd durch ein Programm aus erlesenen Standards wie „Moonlight In Vermont“ und halsbrecherischen Originalen wie „Bridges“ oder „Tight!“, die die ganze Palette ihrer Ausdrucksmöglichkeiten präsentieren. Ihre Stimme fordert Aufmerksamkeit – und dies bei einem von Swing durchsetzten Programm. Sie erinnert den Partner an die „30 Years“, die sie zusammen verbracht haben und bittet ihn, sie nicht zu verlassen. Ein fünfzehnminütiges Medley aus „Why Him“, „Where Or When“ und „What’s New“ folgt.
Der Abend war auch für Carter ein Highlight, denn die Veranstalter boten der damals 63-jährigen Sängerin die Möglichkeit zu einem umfassenden Porträt mit Bigband, Combo und Streichern. Sie nutzte diese Chance und sang bravourös. Aus jedem Song klingen Lebenserfahrung, Weisheit und der abgeklärte Humor einer Sängerin, die trotz ihrer Klasse nie den Superstar-Status einer Ella Fitzgerald oder Sarah Vaughan ereichte.
Sie war einfach zu gut. „I want serious but also I want you to smile. And I want you to laugh! I want the whole thing, the whole thing“ wird sie im Booklet zitiert – aber für das breite Publikum waren ihre Auftritte durch ihre Herkunft aus dem Bebop oft zu sperrig.
Fazit: Schön, dass durch diese Veröffentlichung eine Künstlerin wie Betty Carter, wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Starke Musik von einer ganz großen Jazzdiva. Eine dicke Kaufempfehlung für alles Jazzfans!
Betty Carter: „The Music Never Stops“ ist auf dem Label Blue Engine/Galileo MC erschienen.