Eine brillante Hommage an Umberto Eco

Eine brillante Hommage an Umberto Eco

Der Italiener Gianluigi Trovesi (75) galt lange Zeit als Avantgardist; doch sein Credo lautete stets, Musik müsse auch „seiner Tante“ gefallen. Irgendwie gelingt es ihm immer wieder, das Bodenständige, durchaus Gefällige mit dem Entlegenen auf einen Nenner zu bringen. So auch bei seinem jüngsten Album „La misteriosa musica della Regina Loana“. Zusammen mit seinem Duo-Partner Gianni Coscia (88) setzen sich beide auf äußerst unterhaltsame Weise mit dem Werk des 2016 verstorbenen Literaten Umberto Eco auseinander.

Der Schriftsteller und Universalgelehrte Umberto Eco (1932-2016) war sein Leben lang mit dem Akkordeonisten Gianni Coscia befreundet und ein leidenschaftlicher Fan von Coscias Duo mit Gianluigi Trovesi. Der Autor von „Der Name der Rose“ und „Das Foucaultsche Pendel“ schrieb Begleittexte für jedes der früheren ECM-Alben des Duos: „In cerca di cibo“ (aufgenommen 1999), „Round About Weill“ (2004) und „Frère Jacques: Round About Offenbach“ (2009).

Auf „La misteriosa musica della Regina Loana“ zollen Trovesi und Coscia ihrem langjährigen Freund Tribut. Ecos teils autobiografischer Roman „La misteriosa fiamma della regina Loana“ (Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana), von dem der Titel des Albums stammt, ist auch eine Meditation über die Natur der Erinnerung.

Und er inspiriert Trovesi und Coscia zu einer eigenen nostalgischen Reise, bei der sie auf die im Buch erwähnte Musik verweisen und freie Assoziationen zu seinen philosophischen Themen herstellen.  Wie immer haben die beiden Italiener ihre Fühler weit ausgestreckt.  Sie spielen Lieder, die mit Louis Armstrong („Basin Street Blues“), Glenn Miller („Moonlight Serenade“) sowie dem britischen Komiker und Ukulele-Spieler George Formby (sein „It’s In The Air“ wird in „Volando“ zitiert) assoziiert werden.  Sie paraphrasieren Leoš Janáčeks Klavierwerk „Im Nebel“ (Nebel ist in Ecos Roman ein wiederkehrendes Thema) und tauchen mit Herman Hupfelds „As Time Goes By“ (aus „Casablanca“) und Theo Mackebens „Bel Ami“ (aus dem gleichnamigen deutschen Film von 1939) in die Welt der Filmmusik ein.

Das Album beginnt mit „Interludio“, einem Stück, an dem Umberto Eco und Gianni Coscia vor mehr als 70 Jahren zusammengearbeitet hatten – zu einer Zeit, als Coscia 14 und Eco 13 Jahre alt war. Die Musik inspirierte den jungen Eco, der als Amateurmusiker selbst Trompete, Cello und Blockflöte spielte, einen begleitenden Vers zu schreiben, der zu dem vorliegenden Werk passt: „…Musician, absorbed and inclined / Unveiling new worlds of silence / Tender incarnations of phantasms in sound / Vanish, warily, into memory.“

Wie gesagt: In seinem Rückblick auf die 1950er Jahre zitiert Eco gelegentlich Tagesschlager. Genau diese greifen Gianni Coscia und Gianluigi Trovesi auf – hochachtungsvoll und bescheiden hinter den Melodien zurücktretend. Seit 25 Jahren spielen beide schon zusammen. Sie improvisieren wenig, sondern konzentrieren sich darauf, die Songs scheinbar schlicht, wohl aber anspruchsvoll zum Leben zu erwecken.  Eine überzeugende Hommage!

Gianluigi Trovesi/Gianni Coscia: „La misteriosa musica della Regina Loana“ ist auf dem ECM-Label erschienen.

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