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Berauschend entrauschend: Der Plantronics BackBeat Go 410
Berauschend entrauschend: Der Plantronics BackBeat Go 410
Nervig, nervig, dieses ständige Hintergrundrauschen. Brummende Motoren im Bus, Stimmengewirr in der U-Bahn, monotone Flugzeugtriebwerke: Unser Alltag ist bestimmt von einem – im wahrsten Sinne – Grundrauschen in fast allen Lebenslagen. Dem zu entfliehen ist eine großartige Sache. Viele Kopfhörer bieten schon eine relativ gute passive Schallisolation. Dabei werden beispielsweise bei In-Ear-Modellen mit Hilfe von flexiblen Gummikappen auf den Ohrstücken gezielt Umgebungsgeräusche ausgefiltert. Bei Over- und Around-Ear-Kopfhörern passiert das meist über anschmiegsamen Memoryschaum.
Richtig gut wird es aber erst, wenn diese passiven Maßnahmen durch aktive ergänzt werden. ANC (Active Noise Cancelling) heißt hier das Zauberwort. Die Funktionsweise: Ein außen in den Kopfhörer eingebautes Mikrofon nimmt den Umgebungslärm auf und spielt ihn als gedrehten, sogenannten „Antischall“ in den Ton des Kopfhörers ein. Der Effekt: Große Teile des durch die passive Schallisolation ins Ohr dringenden Umgebungslärms werden neutralisiert. Damit ist es für den Hörer leiser. Dies funktioniert aber nie für alle Tonfrequenzen, sondern klappt hauptächlich bei mitteltiefen bis tiefen, monotonen Frequenzen.
Doch genug der Vorbemerkung – schreiten wir zum Test des neuen Plantronics BackBeat Go 410. Die Besonderheit: Es ist der erste In-Ear-Kopfhörer des Herstellers, der über ANC verfügt. Aufgrund der Größe und des Energiebedarfs der Technologie waren bislang und herstellerübergreifend hauptsächlich die größeren Around-Ear-Kopfhörer mit ANC ausgerüstet. Doch die Miniaturisierung macht auch hier eine immer kompaktere Bauweise möglich. Getestet haben wir nicht nur in unserem Redaktionsbüro, sondern auch in einem gut gefüllten ICE.
Das Design
Schwarz mit orangefarbenen Akzenten am rechten Ohrhörer präsentiert sich unser Testgerät, Das verwendete Material fühlt sich wertig an. Die Fernbedienung liegt gut in der Hand und lässt sich mit ihren drei Knöpfen gut bedienen. Die Tasten sind konturiert, so lassen sich lauter und leiser bzw. play / pause gut erfühlen. Das Kabel ist flach, nur hinter dem Hals und zwischen den beiden symmetrisch angebrachten Kapseln für die Akkus ein ganzes Stückchen dicker. Das ist aber gut für den Tragekomfort. Ansonsten stört das etwas höhere Gewicht der größeren Akkus nicht weiter. Tatsächlich ist im BackBeat Go 410 viel Technik auf wenig Raum verbaut, was das Gerät zu einem vielseitigen Reisebegleiter macht.
Der Klang
Gemessen an dem, was der BackBeat Go 410 kostet, gehen die klanglichen Eigenschaften absolut in Ordnung. Sehr klare Höhen und präzise Mitteltonfrequenzen, ganz dezent verwaschene mitteltiefe Klangwiedergabe und leicht betonte Bässe ergeben einen für diese Preisklasse wirklich guten Gesamteindruck. Die App (siehe weiter unten) ermöglicht zwei Equalizer-Modi – „Bright“ und „Bass“. Ersterer eignet sich besonders fürs Podcast-Hören, da die tiefen Frequenzen abgeschwächt und die Höhen angehoben werden. Ein bisschen störend ist die Tatsache, dass bei eingeschaltetem ANC ein leichtes, weißes Rauschen zu hören ist, das gerade bei leiser Klangwiedergabe auffällt. Bei vorhandener Umgebungslautstärke – also in dem Bereich, in dem ANC wirklich etwas bringt – fällt es nicht weiter ins Gewicht.
Das ANC funktioniert natürlich nur bei eingeschaltetem Kopfhörer. Über ein mitgeliefertes Kabel lässt sich der BackBeat Go 410 aber auch an die in Flugzeugen üblichen Miniklinken-Buchse anschließen. Dabei muss das Gerät aber abgeschaltet sein – funktioniert entsprechend also nur ohne ANC. Ein Wermutstropfen, der aber nicht für diejenigen gilt, die über ihr eigenes Smartphone oder Tablet im Flugzeug Musik oder Filme anschauen wollen. Übrigens haben die meisten Airlines mittlerweile die Nutzung von Bluetooth sogar während Start und Landung erlaubt, sofern sich das gekoppelte Gerät ansonsten im Flugmodus befindet. Der ANC-Modus funktioniert übrigens auch ohne Musik- oder Filmwiedergabe und lässt sich in einen „Low“ und „High“-Modus schalten.
Das Handling
…ist mehr als einfach – allerdings erst mit der kostenlos für Android und iOS erhältlichen Plantronics-App. Denn damit lässt sich der Hörer koppeln, verwalten, einstellen und seine Firmware updaten. Auch die Dauer der mehr Energie verbrauchenden ANC-Funktion lässt sich komfortabel timen und sogar die Sprachausgabe kann verändert werden. Ein bisschen stört, dass der Kopfhörer trotz Bluetooth-Verbindung eigens mit der App verbunden werden muss und sich diese den Hörer nicht über die bestehende Verbindung selbst sucht. Auch das Pairing selbst klappt höchst innovativ, nämlich über einen Tastendruck und gleichzeitiges Sprechen des Wortes „Pairing“. Wer sich gegen die Nutzung der App entscheidet, der muss beispielsweise für die Aktivierung / Deaktivierung des ANC oder anderer Funktionen zwei Tasten an der Fernbedienung gleichzeitig drücken. Das ist etwas friemelig.
Rund acht Stunden soll der Hörer laut Hersteller mit eingeschaltetem ANC laufen. Ohne ANC gibt es zwei Stunden mehr dazu. Damit kommt man ohne Nachladen schon locker im Flugzeug von Europa an die Ostküste der USA – ein Spitzenwert für schnurlose In-Ear-Kopfhörer. Zum Vergleich: Der Sennheiser Momentum Free läuft sechs Stunden – aber eben ohne ANC-Funktion.
Doppelt praktisch sind die magnetischen Rückseiten der Ohrstücke. Denn wird der Hörer abgesetzt, verhindern sie wirksam ein Wegrutschen und deaktivieren gleichzeitig die ANC-Funktion – für ein besseres Energiemanagement. Neben dem bereits oben erwähnten Kabel für den Anschluss im Flugzeug, das auch gleichzeitig als Ladekabel über USB funktioniert, befinden sich drei verschieden große Paare der grauen Ohrhörer und ein kleines Stoffsäckchen für den Transport im Lieferumfang. Fast schon überflüssig zu erwähnen ist die Funktion als sehr bequemes, kabelloses Headset mit sehr guter „HD-Voice“-Sprachwiedergabe und die Bedienbarkeit von Siri, Google Assistant & Co.
Unser Fazit
Mit dem BackBeat Go 410 hat Plantronics eine neue Preis-Leistungs-Benchmark in der Klasse der 150-Euro-Hörer gesetzt. Denn die große Bandbreite an Funktionen, gepaart mit Bluetooth 5, langer Laufzeit, geringem Gewicht und einem sehr ausgereiften ANC bietet in dieser Qualität derzeit kein anderer Hersteller. Deshalb ein klarer Kauftipp von unserer Seite!