Von Rio nach Angola und Cabo Verde bis Portugal

Von Rio nach Angola und Cabo Verde bis Portugal

Ihre Lieder hallen nach und gehen tief. Sehr warme, sehr zurückgenommene Sounds sind auf Aline Frazãos neuer CD „Dentro Da Chuva“ (Inmitten des Regens) zu hören. In ihren Kompositionen verbindet sie Stilrichtungen, die in der westafrikanischen Rhythmussignatur wurzeln, die populäre Musik Brasiliens, Kubas und von den Kapverden mit Jazzeinflüssen. Man ist hin- und hergerissen zwischen mythischen Bildern, balladesken Erinnerungen an Angolas Landschaften, ein Chanson, das zur Bossa mutiert, ein transatlantisches Cello und Naturschilderungen aus kapverdischer Feder.

Aline Frazão wuchs in Angolas Hauptstadt Luanda auf, kam mit achtzehn zum Studium nach Lissabon, lebte danach lange Zeit in Spanien. Songs schrieb sie schon sehr früh, und in diesen ersten Kompositionen war sie von einem weiten stilistischen Spektrum beeinflusst: Bossa Nova gehörte dazu, Jazz genau wie die Musik der Kapverden. Auf ihrer 2016 veröffentlichten CD „Insular“ nahm sie in der Abgeschiedenheit der schottischen Hebriden mit dem englischen Produzenten Gilles Perring einen Songzyklus auf, der einen melancholischen Indierock-Sound in den Mittelpunkt stellte. Für ihr aktuelles Werk navigiert die 30 Jahre junge Musikerin, die seit einiger Zeit wieder in Angola lebt, in erneut rootsigen Gewässern. Verschwunden sind die Alternative-Experimente, vielmehr herrscht auf „Dentro Da Chuva“ uneingeschränkt fließende, minimalistische Akustik.
Eingespielt wurden die elf Songs im brasilianischen Rio, am Pult stand mit Gabriel Muzak einer der aufregendsten Kreativen vom Zuckerhut zwischen Bossa, Rock und Funk. Von Rio aus gelangt sie in die afro-brasilianische Metropole Salvador da Bahia, hinüber nach Angola, nach Cabo Verde und bis nach Portugal. Eine entspannte musikalische Kreuzfahrt, luftig-leicht, doch immer mit poetischem Tiefgang. Kapverdisch wird es im Song „Peit Ta Segura“, eine wunderbare Ballade von Komponist Danilo Lopes da Silva.

„Kapiapia“ ist ein ganz besonderer Song: im Duett mit Luedji Luna gießen die beiden Frauen die mythischen Bilder des angolanischen Dichters Ruy Duarte de Carvalho in Töne. Angolanische Fröhlichkeit verströmt „Sumaúma“, eine Widmung an all die Frauen, die den Unabhängigkeitskampf des Landes mitgetragen haben, und noch rhythmischer, körperlicher, mit den Farben des Daumenklaviers und einem perkussiven Geflecht wird es im „Manifesto“.

„Dentro Da Chuva“ vereint Mythen und Metaphern vom Meer, starke Naturbilder zwischen Wasser und Himmel mit dem modernen Lebensgefühl einer jungen Angolanerin – umgesetzt mit sparsamen Mitteln, aber mit dem weiten Horizont dichterischer Visionen. Aline Frazão ist eine aufregende junge angolanische Musikerin. Was an ihr besonders gefällt: Ihr musikalisches Universum ist äußerst vielfältig.

Aline Frazão: „Dentro Da Chuva“ ist bei Jazzhaus Records erschienen.

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