Requiem über das Verschwinden – ein ergreifender Hörgenuss
Requiem über das Verschwinden – ein ergreifender Hörgenuss
„Rousilvo“ ist der alte slawische Name für das Dorf Xanthogeia, einige Kilometer entfernt von der Stadt Edessa im Nordwesten Griechenlands nahe der Grenze zur Republik Mazedonien. Dort ist der Multi-Instrumentalist Dine Doneff aufgewachsen, seiner Familie aber und den Bewohnern von Rousilvo war es verboten, ihre Muttersprache mazedonisch zu sprechen und ihre eigene Kultur zu pflegen. Dies galt im griechischen Teil Mazedoniens als anti-hellenistisch und die mazedonische Gemeinschaft musste sogar griechische Namen tragen – Dine Doneff nannte sich lange Zeit Kostas Theodorou. Doch Doneff sammelte heimlich die Melodien der Alten aus Rousilvo und Umgebung, machte Aufnahmen, über 250 Lieder kamen über die Jahre zusammen. Und er komponierte eine Balkan-Jazz Folk-Oper für sieben Sänger und sieben Instrumentalisten, in die er seine Feldaufnahmen integrierte. „Rousilvo“ hat er dieses Requiem auf das längst zerstörte und verlassene Bergdorf seiner Mutter genannt.
Der Kern des Albums sind die eingeflochtenen Aufnahmen von sieben Frauenstimmen zwischen Alt und Sopran, im Chor oder solistisch, erweitert um Erzählungen aus Field Recordings. Sie bringen in beschwörender Klage und sensibler Eindringlichkeit, zuweilen mit emotionaler Wucht vom Verschwinden bedrohte Volksweisen und Geschichten in mazedonischer Sprache zu Gehör, polyphon und in erkennbarer Verwandtschaft zu den Chören, wie sie auf den „Le Mystère des Voix Bulgares“-Aufnahmen zu hören sind. In dieser „Balkan-Volksoper“ lässt Doneff Instrumente von der Flöte und Posaune bis Oud, Akkordeon und Kontrabass in vibrierende Dialoge treten – sensible Klänge zwischen traditioneller Musik und Jazz.
Auf diese Weise bewahrt Doneff ein Stück mazedonischer Kultur vor dem Vergessen. Entstanden ist eine mystische Aufnahme. Sie bewegt sich zwischen Folk und Jazz und zeichnet sich durch ihre hohe Intensität aus. Stücke wie das pianobasierte „Oblivion“ oder das mit einem jazzigen Bläserthema und Oud gespielte „Apatris“ tragen eine stille Nostalgie in sich, während etwa das vielstimmige „Mirka“ oder das majestätische „Penelopes Of Xanthogeia“ Stolz ausdrücken. Das Album ist auch eine Zeitreise in die Vergangenheit. Mit viel Liebe zum Detail musizieren die 14 Musiker durch diesen Songzyklus. Eine wahre Fundgrube und ein Meisterwerk zugleich. Das Album ist in Kooperation mit neRED Music beim renommierten Münchner ECM-Label erschienen.
Dine Doneff: „Rousilvo“ (neRED Music / ECM Records)