Quatuor Ébène pflegen die hohe Kunst der Konversation

Quatuor Ébène pflegen die hohe Kunst der Konversation

Das Streichquartett gilt zurecht als die höchste Form der klassischen Musik. Und die Frage stellt sich unweigerlich: Was ist das Faszinierende an Streichquartetten? Gewiss, dass es keinen Dirigenten gibt. Dass man die Kommunikation, die Spannung, den Widerstreit und die Intimität zwischen den vier Musikern auf so einzigartige Weise verfolgen kann. Viele sehen im Quatuor Ébène, 1999 in Boulogne gegründet, derzeit eines der besten Streichquartette der Welt. Im Beethoven-Jahr 2020 werden die Musiker in der Carnegie Hall in New York mit einem reinen Beethoven-Zyklus auftreten. Gleichzeitig hat das Quartett den Ruf, die „Boygroup der Klassik“ zu sein.

Kürzlich ist ein meisterliches Album des Quartetts mit dem Titel „Eternal Stories“ erschienen. Zum Ereignis wird das Album aber erst durch die zusätzlichen Akteure: Michel Portal, der auch in Jazzkreisen Hochachtung genießt, an Klarinette und Bandoneon, Xavier Tribolet (Keyboards) und Richard Hery (Percussion). Herausgekommen ist ein Klang-Abenteuer von großer Anziehungskraft. Selten hat man ein so durchdachtes, feinfühliges Miteinander von Musikern gehört, die sich in ganz verschiedenen Musikstilen heimisch fühlen. Der Opener „City Birds“ ist quasi eine Großstadt-Symphonie en miniature: „Den Krähen Tokios, den Tauben von Paris und den Möwen Manhattans“ widmete der 1. Geiger des Quartetts, Pierre Colombet, das Eröffnungsstück.

„L’Abandonite“, Portals Hymne auf den Argentinier Piazzolla, den König des Bandoneon und des Tango Nuevo, verlässt die vertrauten (Streichquartett-)Gefilde. Das Exotische im Tango und im Jazz verschafft sich hier Geltung. Es folgt das betörende „Judy Garland“, entstanden, als Portal oft nach Minneapolis flog, um mit Musikern von Prince zu arbeiten. Großartig dargeboten in einem magischen Arrangement mit gezupftem Cello, E-Piano und viel Perkussion.

Ein weiteres Highlight ist Portals zentrifugale „Eternal Story“ fabelhaft ergänzt durch Richard Hérys Schlagzeug und das Cello Raphaël Merlins. Danach die „Five Tango Sensations“, die Astor Piazzolla 1989 nach schwerer Krankheit als „Abschied ans Leben“ im Auftrag des Kronos Quartetts schrieb. „Asleep“ stellt große Anforderungen an Portals Bandoneón-Spiel und das Quatuor Ébène, die sie bravourös meistern. Portal schrieb seine „Solitudes“ in Erinnerung an Duke Ellington. Auf dem Album komplett neu arrangiert, unterstreicht es den verhaltenen Charakter der Musik. Schlichweg zeitlos schöne Musik ist das. Großartig!

Quatuor Ébène und Michel Portal: „Eternal Stories“ ist bei Erato/Warner erschienen.

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