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Eine tiefe Verbeugung vor Merle Haggard
Eine tiefe Verbeugung vor Merle Haggard
Die Geschichte von Country-Ikone Merle Haggard ist in Europa nur den Wenigsten bekannt. Im Jahr 1957 wurde Haggard bei einem Einbruch geschnappt, saß dafür drei Jahre im San Quentin-Gefängnis und kam dort in den Genuss von Johnny Cashs erstem Knast-Auftritt. Danach war es um ihn geschehen. Country-Musik war fortan sein ein und alles.
Will Oldham alias Bonnie „Prince“ Billy zählt zu den größten Haggard-Fans überhaupt. Kein Wunder, dass er jetzt mit einem Album aufwartet, das ganz seinem Idol gewidmet ist. Auf „Best Troubadour“ verneigt er sich vor Merle Haggard und verwandelt dessen Songs in intime Hausmusik. Oldham hat auf „Best Troubadour“ Songs aus Haggards gewaltigem Katalog neu eingespielt. Nicht unbedingt seine Hits, sondern eher dessen Spätwerk steht im Fokus seiner Platte.
Überdeutlich wird auch hier: der US-Singer-Songwriter Will Oldham alias Bonnie „Prince“ Billy klingt wie kein anderer so radikal traurig und dabei höchst poetisch. Sein musikalisches Reich sind Country und Folk. Ja man kann guten Gewissens behaupten dieser Mann ist einer der Urheber für ein Folk-Revival.
Das Werk von Haggard begleitet Bonnie „Prince“ Billy nun schon seit mindestens 25 Jahren. So coverte er nicht nur bei seinem ersten öffentlichen Auftritt einen Haggard-Song, auch in den folgenden Jahre seiner Karriere bezog sich Oldham immer wieder auf das Werk und Wirken Haggards.
Aufgenommen in Oldhams Wohnzimmer, klingen diese Haggard-Werke sehr nah und ungezwungen. Und gerade das macht einige der Songs so lebendig, wie sie es vielleicht ursprünglich nie waren. Die intimen Texte, viele davon im Duett gesungen, entwickeln einen Sog, den man bei Haggards Einspielungen so nicht findet. Haggards Tod im April 2016 hätte Oldham fast einen Strich durch die Rechnung gemacht, den Plan eines Tribute-Albums hegte er nämlich schon früher.
Im Vergleich zu Haggards männlichem Bariton bekommen dessen Songs bei Oldham einen ganz anderen Drive: Oldhams gebrochener Gesang hat etwas von Gemütlichkeit am Abgrund. 16 Songs enthält der Longplayer, darunter so charaktervolle bis melancholisch anmutende Titel wie „The Fugitive“, „Wouldn’t That Be Something“, „The Day The Rains Came“, „Nobody’s Darling“ oder das bluesige mit zarten Jazz-Tupfern versehene „I Always Get Lucky With You“. Eine gelungene Hommage!
Bonnie „Prince“ Billy: „Best Troubadour“ ist auf dem Label Domino erschienen.