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Moselmusikfestival trifft auf ländliche Wein-Idylle
Moselmusikfestival trifft auf ländliche Wein-Idylle
Humorvoll, skurril, fantastisch und ein bisschen verrückt: So präsentiert sich das Moselmusikfestival (MMF) 2016 noch bis zum 3. Oktober. Immer aber steht eines oben an, die Qualität. Mehr als 67 Konzerte an 40 Spielstätten stehen auf dem Programm. Getreu dem Motto des Kultursommers Rheinland-Pfalz „Der Sommer unseres Vergnügens“ gehen Konzerte, Kabarett, spektakuläre Solo-Programme in Weingütern, Kirchen, Kapellen und Klöstern, Ruinen und Schlössern und bisweilen auch unter freiem Himmel über die Bühne.
Zu den noch ausstehenden Programmhöhepunkten zählen gewiss der Auftritt von Dominique Horwitz, einer der beliebtesten deutschen Schauspieler, mit dem preisgekrönten Faure-Quartett auf den Spuren von Goethes Reisen (21. August, Kloster Machern) und auch Senta Berger, die populäre Schauspielerin, gibt sich die Ehre. Begleitet vom Trio Cosi fan tango liest sie Texte und erzählt Kaffeehaus-Geschichten des Wiener Autors Alfred Polgar (10. September, Bernkastel-Kues).
Bitter, böse, aber beliebt beim Publikum ist auch Hagen Rether. Der singende Klavier spielende Kabarettist schmeichelt sich nicht ein, sondern rüttelt wach (8. September, Bernkastel-Kues).
Höhepunkt des Festivals und gleichzeitig der Schlussakkord ist Händels „Messias“ im Trierer Dom mit Concerto Köln, dem Trierer Dom- und Kathedral-Jugendchor sowie Solisten unter der Leitung von Thomas Kiefer (3. Oktober, Dom zu Trier).
Es ist der Dreiklang aus Architektur, Genuss und Atmosphäre, das das Moselmusikfestival (MMF) zum größten und ältesten Klassikfestival in Rheinland-Pfalz macht. Im 31. Jahr seines Bestehens sind die Programm-Macher sichtlich stolz auf das Erreichte. Die Erfolge sind da. Hermann Lewen (64), der eloquente Kopf des Festivals, ist Deutschlands dienstältester Klassikfestival-Chef.
Wenn er erzählt, von den Anfängen des Festivals und seinen guten, freundschaftlichen Beziehungen zu den Musiker kleben alle an seinen Lippen. Lewen, einst Kultur-Beauftragter in Wittlich, ist ein Selfmademan, seit Jahrzehnten mit Charme und Engagement dabei. Er hält die Fäden in der Hand, treibt Sponsorengelder auf, hat stets ein Näschen für Künstler, zumal für junge aber auch für Stars. Er war es, der sein erstes Klassik-Open Air mit Pianist Justus Frantz 1985 im Kloster Machern bei Bernkastel veranstaltete. „Sie haben mich einen Spinner genannt“, sagt er heute mit geschwellter Brust. Schließlich seien tausend Besucher zum Konzert gekommen und Frantz habe die Festival-Idee dann in Schleswig-Holstein etabliert.
Zusammen mit den Ticketeinnahmen summiert sich der Etat von Lewen auf 900.000 Euro. Kein Riesenbetrag, wenn man auf andere Festivals schaut. Doch neben dem Geld sind es vor die vielen Moselwinzer, Hoteliers und Gastronomen, die das Festival unterstützen und ideell voranbringen. Sei es mit dem kostenlosen „Glas Wein danach“ oder mit anderen Leistungen. Sie nutzen das MMF als ihr touristisches Marketinginstrument. Und sie haben großes Interesse daran, dass die Konzerte zu einem Wohlfühl- und Genuss-Erlebnis werden. So ist es kein Wunder, dass die Moselwein e.V. eng mit dem Festival zusammen arbeitet.
Unterdessen kündigt sich ein Chef-Wechsel beim Festival an. Der langjährige Leiter Hermann Lewen will die Verantwortung in jüngere Hände legen. Lewen gibt am 31. Dezember 2016 die Geschäftsführung der gemeinnützigen Festspiel-GmbH ab an Tobias Scharfenberger (51), Bariton und einige Monate stellvertretender Trierer Theaterchef, ein ausgewiesener professioneller und versierter Organisator. Allerdings entwickeln beide zusammen das Programm 2017, das noch unter Lewens künstlerischer Leitung steht. Erst 2018 kommt dann Scharfenberger voll zum Zuge. „Ich habe noch zwei Studienjahre“, sagt der Opernsänger, der in Zürich Kulturmanagement studiert hat.
Neue Ideen hat der neue Mann bereits. So plant er ein Young Artists Programm, bei dem er sich mit jungen Künstlern Gedanken über neue Auftrittsformate machen will. Darüber hinaus sieht er bei Kindern, Jugendlichen und Familien noch viel Potenzial nach oben, was die Zuschauerzahlen anbelangt.
Beim diesjährigen Festival gab es bereits einige Highlights. Das spektakulärste war gewiss Bruckners 8. Symphonie im Trierer Dom. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Karlheinz Steffens entfalteten in der ältesten deutschen Bischofskirche eindrucksvolle Klänge von gewaltiger Fülle. Die 800 Besucher waren tief beeindruckt von einer Klang-Architektur die ein überwältigendes Raumerlebnis schuf. Großartig!
Übrigens lässt sich das Festival wunderbar mit Besuchen bei Winzern kombinieren, sei es, dass diverse Veranstaltungen direkt auf den Winzerhöfen stattfinden wie etwa bei Markus Molitor in Bernkastel-Wehlen oder mit separaten Besuchen bei den Weinmachern. Empfehlenswerte Betrieb gibt es zuhauf. Stellvertretend seien hier die Güter Reinhold Franzen (Bremm), von Othegraven von Günther Jauch (Kanzem) und Becker’s (Trier) genannt. Wer während des Festivals standesgemäß logieren möchte, der ist im Jugendstilhotel „Bellevue“ in Traben-Trarbach bestens aufgehoben.
Foto: Copyright Mosel Musikfestival VAGmbH