Branford Marsalis und die hr-Bigband: Hommage an das Tenorsaxofon

Branford Marsalis und die hr-Bigband: Hommage an das Tenorsaxofon

Der Name Branford Marsalis hat Sogwirkung. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Große Saal der Alten Oper Frankfurt bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Marsalis als Gast der hr-Bigband, das wurde eine Fest für alle Jazzfreunde.

Marsalis, ältester Sproß der Marsalis-Dynastie aus New Orleans (er hat noch fünf Brüder), spielt moderner und zeitgenössischer als viele seiner Saxofon-Kollegen. Er reflektiert Sonny Rollins genauso wie John Coltrane, Wayne Shorter und Joe Henderson. Und so war es nur folgerichtig, dass hr-Bigband-Chefdirigent Jim McNeely für diesen Abend ein exquisites Programm zusammenstellte mit Kompositionen die fast ausschließlich von Tenorsaxofonisten stammten. Das Konzert war im Grunde eine herzerfrischende Hommage an das Tenor. Und die hr-Bigband war wieder einmal mehr der Garant für innovative Projekte und hervorragende Musiker in ihren Reihen. Elf Titel waren es insgesamt die in gut 100 Minuten das breite Spektrum des Jazz der Bebop- und Hardbop-Ära in Erinnerung riefen.

Den Anfang machte „Hammerhead“, ein schön groovendes Mid-Tempo-Stück aus der Feder von Wayne Shorter, das dieser seinerzeit für Art Blakey und seine Messengers geschrieben hat. Von Sonny Stitt gab es den Titel „The Eternal Triangle“ zu hören, von Benny Golson „Whisper Not“, entstanden 1956 als Golson Mitglieder der Dizzy Gillespie Bigband war. „Hittin’ The Jug“ war die bluesigste und erdigste Nummer des Abends komponiert von Gene Ammons, den sie auch „Jug“ nannten. Herausragende Unterstützung erhielt Marsalis dabei von den beiden Bigband-Tenoristen Tony Lakatos und Steffen Weber. Karibisch ging es weiter mit dem 16-taktigen Session-Parade-Stück „St. Thomas“ von Sonny Rollins und viel Calypso-Groove.

Immer wieder wird deutlich, Marsalis ist ein Meister des Zitats ohne zu kopieren. Von Solo zu Solo, von Stück zu Stück.

Dabei erweist er sich als quirliger, zupackender, sonorer Solist. Konzeptionell ist er sicher Wayne Shorter am nächsten, klanglich eher Sonny Rollins und Ben Webster. Es geht Marsalis stets um ökonomisches Spiel, um einen wirklich bedeutenden Sound. Ich betreibe meinen Beruf so, als wäre ich ein Architekt, hat Marsalis einmal gesagt. Und das spürt man, das macht seine Musik aus. Sehr melodische Nummern wechseln ab mit Feurigem und Balladeskem.

Branford hat im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder Wynton, der ein Top-Trompeter ist, einen ganz offenen Blick auf die Musik. So haben ihn auch schon HipHop- und Popfans erlebt – mit seinem Projekt Buckshot LeFonque oder neben Popikone Sting. Dem Sänger veredelte er so manchen Song mit seinen Soli, allen voran „Englishman In New York“. Und in letzter Zeit hat er auch ein Faible für die Klassik.

Bei Coltranes „Grand Central“ griff Marsalis an diesem denkwürdigen Abend dann zum Sopransax und hatte mit Heinz-Dieter Sauerborn am Altsax einen kongenialen Partner. Als Ausklang und Zugabe dann noch John Coltranes wunderschöne Ballade „After The Rain“ aus seiner mittleren Phase. Das Publikum ist begeistert und spendet langen Beifall. Jazzer-Herz, was willst du mehr?!

Foto: HR/Ted Kurland Associates

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