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Pop statt Jazz: „Wallflower“ von Diana Krall
Pop statt Jazz: „Wallflower“ von Diana Krall
Nach drei Jahren der Funkstille endlich wieder ein musikalisches Lebenszeichen von Diana Krall. Brachte die kanadische Künstlerin in den 2000er Jahren noch fast im Jahrestakt ein neues Album auf den Markt, so fielen die Intervalle zwischen den Neuveröffentlichungen seit 2009 zunehmend länger aus. Das bisherige Werk von Diana Krall – zum Beispiel mit wirklich gelungenen Longplayern wie „The Girl In The Other Room“ oder „Quiet Nights“ – konnte Kritiker und Fans gleichermaßen begeistern. Es war vor allem ihre souveräne Gratwanderung zwischen Jazz und Pop, die der Musikerin aus British Columbia auf die großen Bühnen dieser Welt verhalf. Die Erwartungen an „Wallflower“, das kürzlich erschienene Album von Krall, waren entsprechend hoch – verbunden mit der Frage, ob die neue CD das Niveau der vorherigen Releases würde halten können.
Nun, die Antwort fällt differenzierter aus, als nur ein plattes „ja“. Denn schon nach den ersten Songs wird klar, dass Diana Krall mit „Wallflower“ die Pfade des Jazz vorerst verlassen hat. Stattdessen: Reinrassige Popmusik, so weit die Ohren hören können. Das ist per se nichts Schlechtes, darf aber als der größte Unterschied zum bisherigen Werk gewertet werden. „Wallflower“ ist eine sehr persönliche, fast schon intime Auswahl von Songs, die Krall in ihrem Schaffen inspiriert und in ihrer Musik geprägt haben. Das Gute daran: Bei Songs wie „Desperado“ von Don Henley, „Sorry Seems To Be The Hardest Word“ von Elton John oder dem gleichnamigen Titeltrack des Albums aus der Feder von Bob Dylan dürfte für fast jeden der geneigten Hörer ein Song voller schöner Erinnerungen mit dabei sein. Und die Arrangements zeugen allesamt von hoher Qualität. Jedoch – und das soll nicht unerwähnt bleiben – verzichtet Diana Krall bei ihren Interpretationen oft auf die erhofften, jazzigen Elemente wie Bluenotes oder swingende Improvisationen. Dafür schmeicheln viele bombastische Streicherteppiche oder orchestrale Blechbläser-Einsätze dem Trommelfell.
Leider gehen diese Klangbauten zu Lasten des Klavierspiels, das in manchen Songs nur Nebensache ist – und sorgen als Nebeneffekt dafür, dass vielen der Songs eine gewisse Gleichförmigkeit innewohnt. Daran können auch die Features von Stars wie Michael Bublé oder Bryan Adams nicht viel rütteln.
Fazit: Wer an der sanften Stimme von Diana Krall, gepaart mit gut instrumentierten und geschmackvoll arrangierten Pop-Balladen Gefallen findet, der wird an „Wallflower“ seine wahre Freude haben. Denn trotz aller Unkenrufe aus der Jazz-Ecke ist das Album handwerklich gut gemacht und bietet musikalische Unterhaltung auf hohem Niveau. Manchmal entwickeln sich Künstler weiter, ändern ihren Musikstil, verlieren alte Fans, gewinnen neue hinzu. Und daran ist rein gar nichts auszusetzen.
„Wallflower“ ist im Januar bei Universal Music erschienen.