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Der Klang ist sein Markenzeichen: Bassist Eberhard Weber wird 75
Der Klang ist sein Markenzeichen: Bassist Eberhard Weber wird 75
Bis zum 23. April 2007 galt der deutsche Ausnahmebassist Eberhard Weber als Glückskind. Schließlich hatte er nicht nur musikalisch alles erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Und das war wahrlich nicht wenig. Er war bis dahin ein großer Jazz-Musiker, auf der ganzen Welt geachtet und geschätzt. Und zwar bei Musikerkollegen wie Fans gleichermaßen. Wie gesagt: Bis zu diesem verflixten April-Tag als er einen Schlaganfall hatte. Für den Musiker Eberhard Weber war das das Ende seiner langen Karriere. Weber war nicht mehr in der Lage sein geliebtes Instrument zu spielen. Aber Weber wäre nicht Weber, hätte er sich aufgegeben und in sein Schicksal gefügt. Auch wenn er seinen Bass nicht mehr zupfen kann, so nimmt er doch weiterhin am musikalischen Leben teil indem er komponiert und neue Projekte erarbeitet.
An diesem Donnerstag (22. Januar) wird er 75. Quasi als Geburtstagsgeschenk bekommt er den Jazzpreis Baden-Württemberg für sein Lebenswerk verliehen. Obendrein wird er mit zwei Konzerten geehrt, die Freunde und musikalische Weggefährten für ihn gestalten. Die seit langem ausverkauften Konzerte am 23. und 24. Januar im Stuttgarter Theaterhaus bestreiten hochkarätige Musiker, die über Jahre an Webers Seite musizierten.
Erstmalig stehen Gary Burton, Jan Garbarek, Pat Metheny, Ralph Towner, Paul McCandless, Scott Colley und Danny Gottlieb gemeinsam auf einer Bühne – zu Ehren von Eberhard Weber. Zusammen mit der SWR Big Band interpretieren sie Webers Kompositionen in den Arrangements von ehemaligen Jazzpreisträgern, ein Brückenschlag der Generationen. Und Pat Metheny präsentiert in einer Welturaufführung ein neues Werk, in das er Videoaufnahmen von Eberhard Webers Soli integriert – und den Ehrengast des Abends auf diese Weise mit auf die Bühne holt.
Der in Stuttgart-Hedelfingen geborene Eberhard Weber begann in den sechziger Jahren seine Karriere als Jazz-Bassist und wurde zu einem der international bedeutendsten deutschen Jazz-Musikers, der bereits in den frühen 1970er Jahren Wegbereiter war für jede weitere Jazz-Entwicklung in Deutschland. Mit „Colours of Chloë“ spielte er für ECM ein Kultalbum ein und seine Band „Colours“ mit Charlie Mariano am Saxofon galt als eine der erfolgreichsten Jazzformationen Europas. Er war der erste deutsche Jazzer, der mit Größen wie Pat Metheny, Gary Burton und anderen jahrelang durch die USA getourt ist und er hat dem europäischen Jazz zu seiner Eigenständigkeit verholfen, ihn von der Dominanz der Amerikaner emanzipiert, indem er einen eigenen Sound geschaffen hat, der den Jazz mit der europäischen, klassischen Musik verband.
Und er hat das Bassspiel revolutioniert. Sein Instrument hat er vom Bühnenrand ins Scheinwerferlicht gerückt, das Begleit- in ein Soloinstrument verwandelt.
Dazu hat seinen Spezialbass entwickelt: Ein elektro-akustisches Instrument mit zusätzlicher C-Saite und besonderem Pick-up-System, mit dem er extrem lange, helle, singende Töne hervorbringen konnte.
Um seine künstlerischen Vorstellungen zu verwirklichen, suchte er eine eigene Band. Mit Rainer Brüninghaus (Piano, Keyboards, Synthesizer), Charlie Mariano (Sopransaxofon, Flöten) und dem Schlagzeuger Jon Christensen (später John Marshall) fand Weber die idealen Mitspieler. Er nannte sein Quartett „Colours“– passend zu seiner durch pastellartige Klangflächen charakterisierten Musik. „Colours“ wurde eine der erfolgreichsten Bands in Europa. Eberhard Weber blieb seiner musikalischen Richtung treu, als er 1982 „Colours“ auflöste und festes Mitglied der Jan Garbarek Group wurde. 25 Jahre verbrachte er an der Seite des Norwegers. Er spielte zudem im United Jazz & Rock Ensemble und gab Solo-Konzerte – bis er im April 2007 von einem Schlaganfall getroffen wurde. Seitdem lebt er vorwiegend in Südfrankreich.
Der Klang ist sein Markenzeichen. Ob in Aufnahmen mit Jan Garbarek oder dem United Jazz & Rock Ensemble, Pat Metheny oder Kate Bush: Der singende Sound von Eberhard Webers Bass ist unverwechselbar.
Mit seiner gerade erschienenen Autobiografie gibt Eberhard Weber einen sehr persönlichen Einblick in sein Leben – und in 50 Jahre deutsche Jazz-Geschichte.
Und eine CD-Veröffentlichung kommt dieser Tage auch auf den Markt, Titel „Encore“ (ECM-Records).
Im Buch hält Eberhard Weber Rückschau. Rückschau auf 40 Jahre im Jazzgeschäft, ab 1973 als Profi. Er erzählt von den ups und downs im Jazz-Business, von vielen schönen Stunden und auch bitteren Tagen. Dabei fließt viel Persönliches mit ein. Der kritische Geist wirft viele Fragen auf, resümiert seine Sicht der Dinge, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, Stellung zu beziehen. Dabei ist Webers Buch keine chronologische Bilanz seines Lebens, sondern weit mehr. Auch die biografischen Kapitel, etwa seine Kindheit und Jugend in Esslingen am Neckar, der Einfluss des Elternhauses, seine ersten musikalischen Schritte als Cellist im Schulorchester, seine ersten Versuche auf dem Kontrabass und sein beginnendes Interesse am Jazz, sind stets geprägt von einem wachen Geist, von einem Mann, der schon in jungen Jahren wusste, wo es lang gehen soll. Weber ist kein Besserwisser, der andere missionieren will. Er ist vielmehr ein aufrichtiger Zeitgenosse, der sein Leben Revue passieren lässt und zwar auch mit selbstkritischen Untertönen. Der Leser erfährt viel von dem Provokateur Eberhard Weber, wie er sich selbst nennt, aber auch viel über deutsche Jazzgeschichte der vergangenen Jahrzehnte.
Eberhard Weber: Résumé – Eine deutsche Jazz-Geschichte, 220 Seiten, Sagas Edition, Stuttgart, 19,90 Euro.
Fotos: ECM / Sagas Edition