Albert Hammond im Interview: „Mir hat alles in die Karten gespielt”

Albert Hammond im Interview: „Mir hat alles in die Karten gespielt”

Aus seiner Feder stammen Welthits wie „One moment in time“, „It never rains in Southern California“ oder „Down by the River”: Albert Hammond. Der Londoner hat in seiner Karriere bereits über 360 Millionen Platten verkauft, über dreißig Top-40-Hits gelandet. Jetzt kommt der Singer-Songwriter erstmals nach Ostwürttemberg.

Mit seiner „Songbook“-Tour macht der Emmy-Preisträger am 23. Mai 2015 Station unter den Linden von Schloss Fachsenfeld. Mit wegotmusic.de Autor Heiko Buczinski sprach er im Vorfeld über seine Musik, seine Hobbys und darüber, was das Publikum auf Schloss Fachsenfeld erwartet.

FHallo Mr. Hammond! Vielen Dank für Ihren Anruf. Es ist ein sonniger Sonntagnachmittag und ich sitze hier an meinem Schreibtisch. Wo befinden Sie sich gerade?

AHIch sitze in einem Auto. Wir fahren ins Büro meiner Booking-Agentur. Dort treffe ich gleich ein paar Leute, mit denen ich heute noch an etwas arbeite.

FSie haben so viele berühmte Songs geschrieben. Fast jeder auf der Welt kennt zumindest einen davon. Nichtsdestotrotz würden Sie nicht viele Menschen erkennen, wenn Sie die Straße entlang laufen. Stört Sie das nicht?

AHNein, das stört mich nicht wirklich. Eigentlich finde ich es fantastisch, dass ich die Straße entlang laufen kann, ohne dass mich jemand erkennt. Sonst müsste ich die ganze Zeit in einem Auto sitzen, die Türen abschließen, zuhause aufpassen… Nein, nein, das ist wunderbar so. Vielleicht erkennen mich in fünf Jahren ja mehr Menschen, aber im Moment bin ich glücklich, so wie es ist.

FEs ist eine ungezwungenere Art zu leben…

AH…Es ist eine bessere Art zu leben, als wenn dich jeder erkennt.

FWenn man sich Ihre beeindruckende Karriere ansieht, scheint es, als gäbe es eine Pause von fast 25 Jahren zwischen den 1980er Jahren und 2005. Was war der Grund dafür? Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?

AHNun, als mein Sohn geboren wurde, wurde mir klar, dass ich meinen zwei Töchtern kein wirklicher Vater war, weil ich immer unterwegs war. Daher habe ich beschlossen, keine Aufnahmen mehr zu machen und nicht mehr auf Tour zu gehen, sondern nur noch Songs zu produzieren und zu schreiben. Auf eine gewisse Weise war das der Beginn einer neuen Karriere. Ich hatte sehr viel Glück, all den Erfolg zu haben, den ich hatte. Aber es war die richtige Entscheidung. Es war großartig. Aber damit die Menschen einen nach dreißig Jahren nicht vergessen, musste ich jetzt neu starten. Und es wird immer besser. Ich begann vor hundert Menschen zu spielen. Jetzt spiele ich vor über tausend. Es läuft also. [lacht]

FGibt es irgendetwas neben der Musik und der Familie, für das Sie sich in Ihrem Leben Zeit nehmen?

AHIch liebe Fußball. Ich liebe es, Fußball zu schauen. Ich liebe Tennis. Und ich mache selbst gerne Sport. Ich laufe zwischen fünf und zehn Kilometer jeden Tag. Heute Morgen war ich um 9 Uhr im Fitnessstudio. Auch heute wollte ich fünf Kilometer laufen, aber nachdem ich eine Woche keine Zeit hatte, zu trainieren, wollte ich es nicht gleich wieder übertreiben. Ich esse gerne gut. Und ich passe einfach gerne auf mich auf. Schließlich werde ich bald 71. Ich bin kein Jungspund mehr.

FHaben Sie dann auch eine Lieblingsfußballmannschaft?

AHJa, in jedem Land. In England war ich immer Fan von Arsenal London. In Deutschland war ich immer Bayern-Fan – egal, ob sie gewonnen oder verloren haben. In Spanien war es stets Real Madrid, in Holland Ajax Amsterdam und so weiter. Ich verfolge diese Mannschaften in allen Wettbewerben. Ich kenne die Namen der meisten Spieler. Und all diese Dinge. Ich habe schon als Kind gerne Fußball geschaut. Und ich habe selbst gespielt. Ich war Torhüter.

FTrotzdem waren Sie fast Ihr gesamtes Leben Musiker.

AHJa. Ich habe meine erste Aufnahme gemacht, als ich acht Jahre alt war. Und dann habe ich begonnen Lieder zu schreiben – oder habe es zumindest versucht, als ich ein Teenager war, mit 14, 15. Das ist alles, was ich je gemacht habe. Okay, manchmal musst du auch Geschirr spülen oder den Boden schrubben oder irgendwas tun um zu überleben. Mein erster Hit war „Little Arrows“ 1958. Danach hat mir alles in die Karten gespielt.

FWas unterscheidet die Musik von Albert Hammond heute von der Musik von Albert Hammond vor dreißig, vierzig, fünfzig Jahren?

AHIch glaube nicht, dass es da einen Unterschied gibt. Ich bin immer noch der Gleiche, schreibe alle Arten von Musik. Ich bin nicht nur ein Rock’n’Roller, kein reiner Country-und-Western- oder Ryhtm-and-Blues-Typ. Ich schreibe Rock, Pop, Country und Western und Rhythm and Blues. Ich schreibe auf Spanisch. Und ich habe Erfolg in all diesen Märkten – und mache dabei immer noch dasselbe wie damals. Ich habe mich nicht verändert. Ich weiß, dass ich da nicht der Norm entspreche. Aber es gibt auch nicht viele Singer-Songwriter, die über fünf Jahrzehnte Bestand hatten.

FAber Lieder wie „Down by the river“ singen Sie dadurch auch schon seit Jahrzehnten. Wird das nicht irgendwann langweilig?

AHNein. Nein, mir wird dabei nicht langweilig. Das Publikum ist jedes Mal ein anderes. Die Spielorte sind jedes Mal anders. Und jeder Tag ist anders und fühlt sich nicht wie der vorherige an. Manchmal fühlt man sich hervorragend, manchmal nicht ganz so gut. So verhält es sich auch mit den Songs. Manchmal singt man Lieder und fühlt sich dabei völlig anders als sonst. Aber langweilig wird mir dabei wirklich nie.

FEs hängt also von der Tagesstimmung ab?

AHJa – so wie es jedem geht. Man steht morgens auf, versucht immer in guter Stimmung, mit entsprechenden Gedanken und positiver Einstellung zu sein. Aber manchmal passieren einem Dinge im Leben, die das beeinflussen. Wie bei mir heute Morgen: Der Kerl, der mir das Frühstück brachte, war ein bisschen ein Arschloch. Da war die Stimmung erst mal getrübt. [lacht] Aber mir geht’s jetzt gut. Ich habe mich mit ihm abgefunden.

FAm 23. Mai werden Sie open air auf Schloss Fachsenfeld spielen. Was erwartet das Publikum dort?

AHEs erwartet eine Reise durch fünf Jahrzehnte seines Lebens – so wie ich mich bei jedem Konzert aufs Neue auf eine Reise durch fünf Jahrzehnte meines Lebens begebe. Erinnerungen werden wach werden. Das wird ein tolles Gefühl sein. Jeder Song hat für mich eine besondere Bedeutung. Ich habe nie Lieder ohne Grund geschrieben – jedes Lied hat einen Hintergrund. Ich werde die Leute ins Konzert einbeziehen und zwischendurch auch mal die Bühne verlassen, Hände schütteln oder auch mal eine hübsche Frau küssen. [lacht]

FHaben Sie zuvor schon einmal in einem Schloss oder in einem Schlosspark gespielt?

AHJa, einmal in Österreich in den Bergen. Und es gab noch ein paar weitere. Aber ich kann mich nicht mehr an jedes erinnern.

FWissen Sie irgendwas über die Region Ostwürttemberg? Freuen Sie sich auf etwas besonders?

AHIch hoffe, dass es keine Schlossgespenster gibt. Davor hätte ich Angst. Über Ostwürttemberg weiß ich ansonsten noch nichts. Ich habe bisher noch nie dort gespielt. Aber das werde ich ja jetzt nachholen. Und ich werde die Region kennenlernen. Ich habe leider meist nicht viel Zeit, meine Spielorte näher zu erkunden. Ich stehe in der Regel früh auf, fahre vier, fünf Stunden mit dem Auto, mache einen Soundcheck – da bleibt nicht viel Zeit irgendwas anzuschauen. Ich dusche noch kurz und stehe am Abend pünktlich auf der Bühne, wo ich dann gut zwei Stunden musiziere, anschließend Autogramme gebe und ruck zuck ist es Mitternacht. Aber ich bin ja auch nicht als Tourist unterwegs, ich arbeite.

FEine letzte Frage: Nach über fünfzig Jahren im Musik-Business, wie sehen Ihre Pläne für die kommenden zehn Jahre aus?

AHIch mache genau das, was ich jetzt mache. „Songbook“ wird sich weiterentwickeln zu etwas Größerem. Ich kann noch nicht viel mehr zu meinem nächsten Projekt erzählen. Sonst wäre es ja keine Überraschung mehr. Aber es wird ein wunderbares Projekt im kommenden Jahr sein – und mit dem werde ich dann wieder auf Tour gehen. Und so viel kann ich verraten: Es wird etwas sein, das ich in dieser Art noch nie zuvor gemacht habe. Sie können sich also alle darauf freuen. Es wird auch für Sie eine wundervolle Erfahrung sein.

Mr. Hammond, vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Rubén Martín

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