Es mangelt an Intensität und Spritzigkeit
Es mangelt an Intensität und Spritzigkeit
Zwischen ihren letzten beiden gemeinsamen Alben lagen 26 Jahre, dieses Mal sind es nur zwei. Nach ihrer vielumjubelten Rückkehr mit „Round Again“ legen Joshua Redman, Brad Mehldau, Christian McBride und Brian Blade nun mit dem Album „LongGone“ nach. Zuvor ein Blick zurück: Wir schreiben das Jahr 1994, als der Saxophonist Joshua Redman, seinerzeit 25 Jahre alt, die Idee hat, unter seiner Führung in einem neuartigen Quartett drei Musiker seiner Generation zu vereinen, deren Talent damals in der kleinen Welt des modernen Jazz ernsthaft von sich reden machte (Brad Mehldau am Klavier, Christian McBride am Kontrabass und Brian Blade am Schlagzeug). Die Platte, die sie aufnehmen, „MoodSwing“, schlägt ein wie eine Bombe und funktioniert wie ein Katalysator für ihre jeweiligen Karrieren, die sie in ihren jeweiligen Bereichen zu den aufsteigenden Stars der jungen US-Szene machen. Das ist lange her. Schauen wir in die Gegenwart. „LongGone“ heißt das neue Werk der vier Ausnahme-Musiker,das sechs Eigenkompositionen von Redman umfasst.
Ausgehend von diesen Kompositionen, die alle in Form und Stimmung variieren, entwickelt das Quartett ein Universum, das in einer völlig selbstbewussten Jazz-Ästhetik verankert ist. Mit dieser Synthese, die zwischen Tradition und Modernität niemals künstlich wirkt, bietet „LongGone“ einen bemerkenswerten Einblick in das, was Jazz in seiner reinsten Form sein kann. Lob aus vielen Quellen sind den vier Jazz-Profis gewiss und das ist auch nachvollziehbar. Doch insgeheim erhofft man sich mehr von diesem Album. Man vermisst mehr Spritzigkeit, mehr Intensität. Vieles klingt dann doch allzu glattpoliert. Musikalischer Einfallsreichtum und Experimente halten sich in Grenzen.
Versöhnlich stimmt aber dann der letzte Track des Album mit dem Titel „Rejoice“. Es ist die einzige Live-Aufnahme (vom San Francisco Jazz Festival aus dem Jahr 2007) und mit fast 13 Minuten Spielzeit zugleich das längste Stück auf „LongGone“. Hier endlich dürfen wir hören, wie gut es doch tut und klingt, wenn das Viererteam – vor 15 Jahren – seine ausgiebigen Freiräume zum Improvisieren erhält, endlich flotter drauflos spielen darf, die Musiker sich einander mal vor sich hertreiben oder hinterherjagen, aber immer wieder zusammenfinden. Auch das Publikum ist begeistert und bedankt sich nach dem einen oder anderen Soli mit Zwischenapplaus.
Schlussendlich bleibt zu sagen: Vier ganz große Meister der Szene bieten traditionellen Jazz von Format und überzeugen zwar solistisch als Bandleader, aber als Quartett heben sie auf „LongGone“ die Jazzwelt weißgott nicht aus den Angeln.
Redman/Mehldau/McBride/Blade: „LongGone“ ist auf dem Label Nonesuch/Warner erschienen.