Lola Kirke versucht Spagat zwischen Erfolg und Protest
Lola Kirke versucht Spagat zwischen Erfolg und Protest
Lola Kirke, die singende US-Schauspielerin (Gone Girl, Mistress America, Mozart in the Jungle), probt auf ihrem neuen Album den Spagat zwischen kommerziellem Erfolg und hintergründig-ironischem Protest. Zehn meist wunderschöne Songs enthält ihr zweites Album „Lady For Sale“. Der Country-Einschlag überwiegt neben einem Gemischtwarenladen an Glam-Twang-Gitarrenriffs und femininen Background-Vocals. Die Stimmung ist übermütig und belebend. Vieles fühlt sich vertraut an. Produziert von Austin Jenkins (White Denim, Leon Bridges) klingt das Album wie eine Einladung zu einer Party auf der es hoch hergeht. Stimmlich wie akustisch sind Shania Twain oder Dolly Parton nicht fern. Die Welt des Ruhmes mit allen ihren Annehmlichkeiten und Schattenseiten dürfte Lola Kirke schon lange ein Begriff sein, denn sie ist die Tochter von Simon Kirke, dem Schlagzeuger von Free und Bad Company, der großen Erfolg verbuchen konnte, aber auch den Niedergang und Drogentod vom Free-Gitarristen Paul Kossoff miterleben musste.
Lola Kirke klagt nicht an, legt aber den Finger in die Wunde in Sachen Show- und Musikbusiness. Genau genommen ist ihre zur Schau gestellte Körperlichkeit (siehe Cover!) sarkastisch gemeint, denn Lola möchte darauf hinweisen, dass Frauen ab einem bestimmten Alter keine Chance mehr haben, sich ihren Job aussuchen zu können und generell oft nur auf Äußerlichkeiten reduziert werden. Und Lola Kirke weiß, wovon sie spricht, denn sie stand bereits in der Hauptrolle der Serie „Mozart In The Jungle“ vor der Kamera, hatte aber immer wieder Probleme, aufgrund nicht konformer Körpermaße eine gewünschte Rolle zu bekommen. Deshalb führt sie ihre Musik-Karriere jetzt selbstbewusst mit diesem zweiten Album und der ironischen Aussage „Lady For Sale“ auf dem Third Man Records-Label von Jack White (ex-White Stripes) fort.
Die Eröffnungsnummer „Broken Families“ lehnt sich an traditionelle Country-Balladen an und benutzt moderat eingesetzte moderne Sound-Effekte. Das Stück betört melodisch. Bei „Pink Sky“ steht die Musik ganz im Vordergrund. Da wird die Sache schon interessanter und nuancierter. Nicht nur die prächtige, weinerliche Pedal-Steel-Gitarre lässt Erinnerungen an den Beginn des Country-Rock aufleben mit Musikern wie Linda Ronstadt oder Rick Nelson. Das romantisch schmachtende „No Secrets“, bei dem Pop- und Country-Anteile sich in etwa die Waage halten, hebt die Welt zwar nicht aus den Angeln, ist aber guter Radio-Stoff um lange Autofahrten zu überstehen.
Fazit: Die kritische musikalisch-künstlerische Auseinandersetzung mit der Kommerzialisierung des weiblichen Körpers ist das eigentliche Anliegen von Lola Kirke. Ob jeder Hörer, dass erkennt, ist die große Frage. Insgesamt ein Album für Freunde, die 80er- und 90er-Jahre-Country mit zeitgenössischem Americana-Pop mögen. Lola Kirke ist im Herbst live in Deutschland unterwegs.
Lola Kirke: „Lady For Sale“ ist bei Third Man Records, Membran (The Orchard) erschienen, im Vertrieb von Bertus.