Trio-Jazz von drei absoluten Könnern
Trio-Jazz von drei absoluten Könnern
Wie kaum ein anderer Musiker seiner Generation vereint Wolfgang Muthspiel europäische und amerikanische Tugenden des Jazz. 15 Jahre lang hat er an der Ostküste der Vereinigten Staaten gelebt. 2002 kehrte er nach Österreich zurück, gründete ein eigenes Label und hat seitdem zahlreiche europäische Projekte initiiert sowie CDs u.a. mit Rebekka Bakken, Dieter Ilg oder Dhafer Youssef eingespielt. Für sein neues Album „Angular Blues“ hat er sich amerikanische Musiker an seine Seite geholt: den Schlagzeuger Brian Blade und den Bassisten Scott Colley. Entstanden ist ein klangschönes Album, das gerade in diesen Tagen die dunklen Zeiten schnell vergessen lässt. Mit kantigem Blues ist er wieder zur Trioform zurückgekehrt, nach zwei umjubelten Quintett-Alben. Entstanden sind die Aufnahmen in einem Jazzclub in Tokio. Sechs Abende hat Wolfgang Muthspiel dort mit dem US-Schlagzeuger Brian Blade und dem Kontrabassisten Scott Colley neue Stücke gespielt. Er hat sie mit ihnen im Hinterkopf komponiert, denn er kennt beide seit langem und hat schon oft mit ihnen zusammengearbeitet.
„Ich stelle mir vor, wie Brian Blade und Scott Colley die Musik spielen und dann versuche ich mit den Kompositionen Räume zu bauen, die diese Musiker einladen, ihre eigenen Beiträge zu feiern – wobei sie immer den Song und seine Form respektieren. Aus ihren Beiträgen wächst dann auch meine Improvisation.“ Wolfgang Muthspiel gefiel die gemeinsame Erkundung der neuen Kompositionen so gut, dass er beschloss, sie mit seinen beiden Mitspielern in einem Studio in Tokio aufzunehmen. Neun dieser Stücke, darunter zwei Standards, sind jetzt auf dem neuen Album zu hören. Wie gut sich die drei Musiker verstehen, zeigt sich in den Improvisationen und Soli, die perfekt ineinander greifen. Und es gibt immer wieder musikalische Überraschungen.
Wie damals beim ersten ECM-Album sitzt auf „Angular Blues“ Wolfgang Muthspiels langjähriger Mitstreiter Brian Blade am Schlagzeug. Für den ursprünglichen Trio-Bassisten Larry Grenadier (der auch auf den beiden Quintett-Alben mitwirkte) ist nun aber Scott Colley eingesprungen, der dem Trio mit seinem besonders erdigen Klang eine etwas andere Dynamik verleiht.
Während Muthspiel bei drei Nummern akustische Gitarre spielt, ist er bei den restlichen sechs Titeln auf der elektrischen Gitarre zu hören. Erstmals präsentiert Muthspiel auf einem seiner ECM-Alben auch Jazzstandards: „Cole Porters ‚Everything I Love‘ lernte ich durch ein frühes Album von Keith Jarrett kennen und ‚I’ll Remember April’ durch eine Aufnahme von Frank Sinatra. Die E-Gitarre kommt etwa bei „Camino“, „Ride“, „Everything I Love“, „Kanon in 6/8“, „Solo Kanon in 5/4“ und „I’ll Remember April“ zum Einsatz. „Camino“ gerät übrigens zum heimlichen Höhepunkt des gesamten Albums, eine getragene Nummer, in der sich das Trio Takt für Takt enger aufeinander zu bewegt und am Ende wie mit einer Stimme spricht.
Abgemischt wurde das Album später mit ECM-Chef Manfred Eicher in den südfranzösischen Studios La Buissonne, wo Muthspiel seine vorausgegangenen ECM-Alben „Rising Grace“ und „Where The River Goes“ (beide mit Pianist Brad Mehldau und Trompeter Ambrose Akinmusire) aufgenommen hatte. Fazit: ein Album der absoluten Extraklasse!
Wolfgang Muthspiel: „Angular Blues“ ist beim Label ECM erschienen.