Musik, in der man sich verlieren kann
Musik, in der man sich verlieren kann
Der Gitarrist Steve Tibbetts, 1954 in Minneapolis geboren, gilt als einer der großen Globetrotter der Moderne – und sein Markenzeichen ist die stilistische Offenheit. Acht Jahre nach seinem exzellenten letzten ECM-Album „Natural Causes“ meldet sich der Gitarrist Steve Tibbetts mit „Life Of“ endlich wieder bei dem Münchener Label zurück.„Musik, in der man sich verlieren kann“, beschrieb ein Kritiker einmal sein Schaffen.
Im Mittelpunkt steht erneut der Klangreichtum von Tibbetts‘ zwölfsaitiger Martin-Akustikgitarre, sein gamelanartiges Klavierspiel und die kunstvoll eingesetzten Samples von Field Recordings balinesischer Gongs. Abgerundet wird das Klangbild vom feinsinnigen Perkussionsspiel seines langjährigen musikalischen Partners Marc Anderson und den fast unterschwelligen Borduntönen von Michelle Kinneys Cello. Was „Natural Causes“ laut Tibbetts von dem neuen Album „Life Of“ unterscheidet, ist, dass er „heute ein besserer Pianist“ ist. „Ich tüftel an diesen Platten vielleicht in einem übertriebenen Maße herum, aber nicht etwa, um irgendeine Art von instrumentaler Perfektion zu erreichen. In unserer Kultur werden heute so viele Dinge überproduziert und geschliffen, bis sie einen makellosen metallischen Glanz haben. Ich bin im Laufe der Jahre organischer geworden. Ich möchte, dass meine Platten eine menschliche, handgefertigte Qualität haben.“ Wieder nahm Tibbetts die Abmischung der Aufnahme im Konzertsaal des Macalester College vor, das in der Nähe seines Wohnortes in Minnesota liegt. „Ich bringe meine ganze Ausrüstung in die Halle und spiele die Tracks in der Akustik des Raumes ab, fange den Raumklang ein und mische so ab. Ich habe zwei Paar Mikrofone aufgestellt: ein Paar in der Mitte der Halle, ein Paar weiter hinten.“
„Das Ambiente des Saals kreist so um das Klavier und die Perkussion, und die natürliche Akustik des Raumes hilft der Gitarre mit dem Klavier in Einklang zu kommen. Es ist ein arbeitsintensiverer Prozess, und der Effekt ist für die meisten Ohren vielleicht zu subtil. Aber auf mich wirkt es organischer und klingt etwas realistischer.“
So entstehen 13 Klangbilder, alle verströmen sie archaische Ruhe und Zeitlosigkeit, sind so verschieden und dennoch gleich: alles in einem und eines in allem. Akustisch tiefgründig aufgearbeitet, aber in ausgeklügelten Aufnahmeverfahren und durch subtiles Spiel mit Raumklängen einzigartig gemacht. Es ist schon ein erhabenes Gefühl in die Unendlichkeit des Tibbett’schen Klangkosmos einzudringen. In dieser Musik findet sich so viel, man sollte sie mehrfach hören, um die Stimmungen auf sich wirken zu lassen.
Steve Tibbetts: „Life of“ ist bei ECM/Universal erschienen.