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I Go Back Home: Das musikalisches Vermächtnis des Jimmy Scott
I Go Back Home: Das musikalisches Vermächtnis des Jimmy Scott
Mit dem Tod von Jimmy Scott im Jahr 2014 verstummte eine der markantesten Stimmen des Jazz für immer. Der zierliche Mann, wegen seiner Statur auch liebevoll „Little Jimmy Scott“ genannt, hinterließ nicht nur zahlreiche Alben, er drückte vielen Jazzstandards auch seinen ganz eigenen Stempel auf – und machte sowohl die Musik als auch sich selbst unsterblich. Der ganz große Ruhm, den er zweifellos verdient hätte, blieb ihm aber nicht vergönnt.
Nun ist mit „I Go Back Home“ ein Album erschienen, welches nicht nur viele der größten Jazzer unserer Zeit ins Studio brachte – nein: Denn die Aufnahmen, die teilweise lange vor Jimmy Scotts Tod im Alter von 89 Jahren entstanden sind, wurden allesamt zusammen mit dem charismatischen, kleinen Mann mit der unverkennbaren Sopranstimme aufgenommen. Kein klassisches Tribute-Album also. Mastermind und Produzent hinter „I Go Back Home“ ist Ralf Kemper, der mit Phil Ramone und Jimmy Scott höchstselbst die „Regie“ für diesen großartigen Longplayer übernahm. Jimmy Scott konnte erst jenseits der 60 eigene Alben aufzunehmen, bei denen er auch die kreative Kontrolle über die Musik hatte. Doch erst für „I Go Back Home“, das auch sein letztes Album werden sollte, waren ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung, um das Line-up, die Songauswahl und das Produzententeam so zu bestimmen, wie er es wollte.
Herausgekommen ist ein zwölf Songs umfassendes Meisterwerk, auf dem Granden wie Joey DeFrancesco, Dee Dee Bridgewater, Arturo Sandoval, James Moody oder Till Brönner – um nur einige von ihnen zu nennen – zusammen mit Jimmy Scott im Studio standen. Die Songauswahl ist ein handverlesener Ausschnitt des Great American Songbook, darunter sind orchestrale Versionen von „Everybody’s Somebody’s Fool“ oder „The Nearness Of You“ zu finden, aber auch das zurückgenommene „If I Ever Lost You“, bei dem Brönners rauchig gespielte Trompete eine perfekte Symbiose mit Jimmy Scotts fragiler Stimme eingeht.
Zum „I Go Back Home“ ist übrigens auch ein sehenswerter Dokumentarfilm erschienen, der vor allem die Hingabe und die Passion zeigt, mit der Ralf Kemper an diesem einzigartigen Album arbeitete. Und der die Magie und das Charisma aufnimmt, die Jimmy Scott Zeit seines Lebens innewohnten. Ray Charles soll einmal gesagt haben, Jimmy Scott sei „…der einzige Sänger, der mich zu Tränen rühren kann.“ Dem ist in der Tat nicht mehr viel hinzuzufügen.
Jimmy Scott: „I Go Back Home“, erschienen bei Eden River Records / Rough Trade.