Soulful Songs: Die Soulnight mit Myles Sanko und Roachford

Soulful Songs: Die Soulnight mit Myles Sanko und Roachford

Samstag Abend, der 1. August. Bestes Wetter. Kühle Drinks. Laues Lüftchen. Wir sind im Kurpark der Landeshauptstadt Wiesbaden, rechts das Kurhaus, links der Weiher. Die untergehende Sonne spiegelt sich darin. Viele sind heute Abend nach Wiesbaden gekommen, mehr als erwartet. Gut so, denn es sollte sich lohnen. Doch von Anfang an.

Es sind ein paar Minuten nach 19 Uhr, als Myles Sanko, 34 und eigentlich gelernter Koch, zusammen mit seiner sechsköpfigen Band die Bühne der Konzertmuschel betritt. Vor einigen Jahren hängt der sympathische Brite seine Schürze an den Nagel und tauscht Kochtöpfe gegen Mikrofone und Küche gegen Bühne. 2014 erscheint sein erstes Major-Album „Forever Dreaming“, von dem der Künstler mit seiner Band auch Großteile des Konzerts im Wiesbadener Kurpark bestreitet, doch auch ein paar Lieder seiner 2013 selbst produzierten EP „Born In Black and White“ sind dabei. Gleich vom ersten Song geht es ordentlich zur Sache. Fast fühlt man sich zurückversetzt in die Zeit des Motown, Sankos Stimme klingt ein bisschen nach James Brown und Otis Redding. Manchmal fragil, manchmal leicht überdreht, aber immer kraftvoll und sehr präsent. Die Band ist voll bei der Sache, Soli sind ständige Begleiter von Songs wie „My Inspiration“„High On You“ oder „Save My Soul“. Nachdem letzterer Song verklungen ist, wendet sich der Soulman ans Publikum: „Are we friends? We’re going to be family after the next song!“ Dann folgt „Come On Home“ – eine gefühlvolle Ballade, bei denen das Publikum kurzerhand als Background-Chor einspringt – und das gar nicht mal schlecht. Die Stimmung ist gut, die meisten Konzertbesucher stehen und tanzen. Auch Myles Sanko tanzt quer über die Bühne und präsentiert sich von seiner besten Seite. „Forever Dreaming“, Titeltrack des gleichnamigen Albums bildet den Schlusspunkt einer wunderschönen und energiegeladenen ersten Konzerthälfte. Sanko dürfte an diesem Abend viele neue Fans aus der hessischen Landeshauptstadt gewonnen haben.

Pause. Zeit, sich auf die zweite Hälfte einzustimmen. Andrew Roachford ist in der Welt des Soul alles andere als ein Unbekannter, ist er doch schon seit vielen Jahrzehnten fester Bestandteil dessen, was man wohl die Creme de la Creme der aktuellen Soul-Musik nennen kann. Doch schon nach den ersten Takten – das Konzert startet mit einem Sirenenton, in den David Ledy am Bass und Andrew Roachfords Bruder Stephen direkt mit einsteigen. Aber nicht etwa mit funky Grooves, sondern mit waschechtem Rock, verzerrter Gitarre und ordentlichem Tempo. Vorbei scheinen die eher sanften Töne von Myles Sanko. Roachford präsentiert die rockige Seite des Soul. Das gilt selbst für Song Nummer 2 „Real Again“, 2014 als Single-Auskopplung erschienen. Das Programm ist eine Mischung aktueller Songs, wartet aber auch mit ein paar Ausflügen in die Roachford Vergangenheit auf. Zum Beispiel bei „The Way I Feel“. Begeistert singt das Publikum mit, lässt sich auf den Künstler und seine Musik ein. Keine Frage: Die Chemie stimmt, glückliche Gesichter, wohin man auch blickt. Doch es ist auch Zeit für ein paar wunderschöne Cover-Versionen, zum Beispiel Bill Withers‘ „Ain’t No Sunshine“, das ruhig beginnt, dann aber ebenfalls sehr rockige Züge annimmt. Die Gratwanderung zwischen klassischen Soul-Pfaden und rockigen Arrangements beherrschen die vier Musiker mühelos. Zeit für Soli ist auch hier und das Niveau kann sich wirklich hören lassen. Die Rhythmusgruppe, vor allem getragen durch die sehr tighten Drumbeats von Philip Groyssboeck sind zentraler Pfeiler für die Dynamik – und geben Orientierung für ein überraschend klatsch- und tanzwilliges Publikum.

Während die einsetzende Dunkelheit dafür sorgt, dass die Lichteffekte der Bühne besser und besser zur Geltung kommen, scheinen sich auch die vier Musiker nach ein paar Stücken so richtig warm gespielt zu haben. Roachford selbst brilliert nicht nur mit seiner kraftvollen und mit einem ganz besonderen Timbre gesegneten Stimme, sondern weiß auch als Solist am Stage-Piano voll zu überzeugen. 

Kurz vor Ende der „zweiten Halbzeit“ kommt mit „This Generation“ der Song, auf den alle gewartet haben. Das Publikum ist begeistert – und feiert die Musiker auf der Bühne frenetisch, als diese kurzerhand noch „We Are Family“ von Sister Sledge in den laufenden Song einstreuen. Zugaben sind ein leidiges Thema im Wiesbadener Kurpark, denn die Anwohner sind pingelig. Doch das stört Roachford wenig: „I’m getting in serious trouble!“ spricht er ins Mikrofon und haut in die Tasten. Zwei Zugaben, darunter sein ebenfalls weltbekannter Hit „Only To Be With You“ bilden den Schlusspunkt eines wirklich tollen Konzerts. Das Publikum jedenfalls ist hochzufrieden und tritt den Heimweg in die laue Wiesbadener Sommernacht an.

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