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Jule Malischke: Momentaufnahmen einer Liedermacherin
Jule Malischke: Momentaufnahmen einer Liedermacherin
Wenn Jule Malischke zur Gitarre greift, wird es um sie herum still. Denn sie ist eine wahre Virtuosin. Und dieser Ruf eilt ihr inzwischen voraus. „Viele Sängerinnen begleiten sich nur“, sagt sie. „Ich will gitarristisch hochwertig sein.“ Das kommt an beim Publikum. Und es spiegelt sich wider in ihrem gerade erschienenen Debüt-Album. „Whatever may happen“ ist dabei weit mehr als eine bloße Aneinanderreihung von hervorragend eingespielten Einzelstücken. Ihre Texte handeln von persönlichen Begegnungen, Glück, Enttäuschung, Sehnsüchten. Es geht um die Erfahrungen einer jungen Liedermacherin – authentisch erzählt auf Deutsch und Englisch.
Der „Bunte Hund“ ist in Schwäbisch Gmünd, Deutschlands ältester Stauferstadt, bekannt wie sein sprichwörtliches Vorbild. Es handelt sich dabei um ein inklusives Kulturcafé – für Jung und Alt, für Klein und Groß, für Menschen mit und ohne Behinderung. Die darin befindliche Kleinkunstbühne genießt längst regionales Renommee. Auch Jule Malischke hat sie schon bespielt. Ihr Debütalbum geht dort über die Ladentheke. Ihre Musik läuft gerne mal im Hintergrund. Kurzum: Es ist der ideale Ort um sich mit der Künstlerin zu treffen und sich mit ihr über ihr Debüt-Album und ihre Karriere zu unterhalten.
„Ich hätte auch einfach Akkorde schrammeln können“, sagt sie. „Ich hätte mein Album kommerzieller machen können. Aber ich wollte mich selbst nicht verlieren.“
Reines Band-Spiel oder nur ein paar begleitende Akkorde zu ihren Liedern waren ihr nicht genug. Nach ihrem mit „sehr gut“ abgeschlossenen Studium der klassischen Gitarre am Leopold-Mozart-Zentrum für Musik und Musikpädagogik der Universität Augsburg absolviert die gebürtige Heidenheimerin nun ihr Master-Studium Akustische Gitarre/Weltmusik, Jazz/Rock/Pop bei Thomas Fellow und Stephan Bormann an der Musikhochschule Carl Maria von Weber in Dresden. Seit einigen Wochen hat sie zudem selbst einen Lehrauftrag für Gitarre.
Nach ihrem Lehramtsstudium habe sie überlegt, ob sie ins Referendariat starte oder nicht. Die Entscheidung, dies nicht zu tun, fiel letztlich auf einem Gitarren-Workshop in der Toskana. Dort lernte sie Thomas Fellow und Stephan Bormann kennen. Fellow leitete den Workshop – und machte sie neugierig auf einen Studiengang, den es in dieser Form nur in Dresden gibt. Malischke bewarb sich auf den einzigen Master-Platz – und bekam ihn.
„Ich habe immer den soliden Weg gewählt, Aber wenn man sich öffnet, trifft man immer Schlüsselfiguren, die einen leiten.“ Jule Malischke schlug mit Dresden ein neues Kapitel in ihrem Leben auf. Die Besuche in der schwäbischen Heimat genießt die 28-Jährige trotzdem. Im „Bunten Hund“ bestellt sie Milchkaffee, Rührei im Töpfchen und eine Butterbrezel. „Die gibt’s in Dresden nicht“, sagt sie und beißt genüsslich hinein.
Früher sei sie Leistungssportlerin gewesen, sagt sie, habe in der Württembergischen Landesauswahl Tennis gespielt. Viermal pro Woche sei es zum Training gegangen. „Die Gitarre war meine Erholung“, erklärt sie. Am liebsten habe sie noch morgens vor der Schule gespielt – „wenn die Türe auf war und meine Eltern zugehört haben“. Eine Verletzung zwang sie dazu ihre Sportkarriere an den Nagel zu hängen. „Damals brach für mich eine Welt zusammen“, sagt sie. Auf der anderen Seite ebnet diese Zäsur im Leben ihren Weg zur Musikerin. „Gitarre war mein Ding“, sagt sie heute. Die Gründung des Akustik-Gitarren-Duos „Pep Talk“ mit dem Heidenheimer Blues-Gitarristen und ihrem damaligen E-Gitarren-Lehrer Willi Geyer veranlasst Jule Malischke dazu selbst Stücke zu schreiben.
Geyer ist es auch, der sie zum Singen verleitet – zunächst als zweite Stimme zu den Songs von „Pep Talk“. „Ich habe lange ohne Gesangsunterricht gesungen“, sagt Malischke. Um ihre Stimme zu schonen, nehme sie mittlerweile aber welchen: „Mein Ziel war immer, Musik für alle zu machen. Ich habe gemerkt, dass in mir etwas brennt. Jetzt bin ich Musikerin.“
Stilistisch ist Jule Malischke eine moderne Liedermacherin. Einflüsse von Jazz und Pop sind zwar unverkennbar, im Vordergrund steht neben ihrer klaren und charismatischen Stimme aber vor allem ihr qualitativ hochwertiges Gitarrespiel. Kurzum: Malischkes Musik ist eigenständig – und das ist auch gut so.
Ihr Debüt-Album „Whatever may happen“ hat Malischke gemeinsam mit Stephan Bormann arrangiert. Der Professor für E-Gitarre und Jazz habe sie von Anfang an überzeugt und unterstützt, sagt sie. Die Texte stammen allesamt aus ihrer eigenen Feder, wobei sie beim Titelsong „Whatever may happen“ mit Manu Heinz und bei „You could have said ‚no‘“ mit Frances Shepherd zusammengearbeitet hat. Beim deutschsprachigen „Veränderung“ unterstützte sie Stephan Bormann. Alle weiteren Lieder hat Jule Malischke selbst komponiert.
Aufgenommen und produziert wurde das Album von April bis Oktober 2014 im idyllisch gelegenen Waldhausstudio von Mohi Buschendorf in Birkholz bei Stendal. Begleitet wurde Malischke (Gesang, Western- und Nylongitarre) dabei neben Bormann (verschiedene Gitarren) und Mohi Buschendorf (Bass) auch von ihren Bandkollegen Isa Kimmel (Violine) und Tom Beisenwenger (Saxofon und Bluesharfe) sowie von Ludwig Buschendorf (Drums). Insgesamt zwölf Songs wurden produziert. Elf schafften es aufs Album, der zwölfte ist ein Coversong, den Albumkäufer als Bonus online oben drauf bekommen. Erschienen ist das Album bei Auryn (Seña Music).
Einer der schönsten Songs von „Whatever may happen“ ist dabei unbestreitbar der deutsche Titel „Momentaufnahmen“. Dass die Künstlerin bei ihrem zweiten Album verstärkt auf deutsche Texte setzen will, passt da hervorragend ins Bild. Ihre Texte haben Tiefgang, ihre Klänge Seele und Jule Malischke ganz eindeutig das Format und die Klasse, mit ihrer Musik noch viel zu bewegen. Chapeau – und weiter so!